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SPD-Vorsitzende: Hochgelobt, weggelobt

■ Warum schrieb Bürgermeister Wedemeier an die taz: drei mögliche Erklärungen

Daß taz-Redakteur Klaus Schloesser „zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit politichen Initiativen der SPD nicht in der Lage ist“, wie Bürgermeister Klaus Wedemeier ihm kürzlich schriftlich bescheinigte, ist ein offenes Geheimnis. Ungewöhnlich dagegen ist bislang, daß Bürgermeister Klaus Wedmeier sich höchstselbst mit Papier und Schreibmaschine schützend vor seine MitarbeiterInnen stellte, um Gerüchten ihrer Versorgung mit maßgeschneiderten SPD-Filz-Posten entgegenzutreten. Warum also schrieb der Bürgermeister persönlich an die taz, als die die SPD -Unterbezirksvorsitzende im Bremer Westen, Dagmar Lill, bereits auf dem neuen Posten einer „Ausländerbeauftragten des Senats“ sah?

Erste mögliche Antwort: Sein Pressesprecher, Reinhold Ostendorf, war in Urlaub. Richtig, aber als Erklärung unzureichend.

Zweite mögliche Antwort: Dagmar Lill, beruflich derzeit noch Abteilungsleiterin im Arbeitsressort, erfreut sich einer ganz außergewöhnlichen Wertschätzung des Bürgermeisters und Arbeitssenators, die weit über das übliche Maß seiner dienstherrlichen Fürsorgepflicht hinausgeht. Einleuchtend, aber wohl eher verkehrt. Dagmar Lill ihrerseits jedenfalls beschreibt das Verhältnis zum Bürgermeister „als gutes, ganz normales Arbeitsverhältnis“. Ihre Erklärung für die höchstbürgermeisterliche Parteinahme, die sie im übrigen „begrüßt hat“: „Der Bürgermeister weiß, daß ich täglich zehn und mehr Stunden arbeite, und hat gerade in den fraglichen Tagen mehrfach gesehen, daß ich manchmal noch bis Mitternacht im Büro sitze.“

Dritte mögliche Erklärung: Insgeheim würde der Bürgermeister seine öffentlich umsorgte Abteilungsleiterin im Arbeitsressort am liebsten los werden. Auf den ersten Blick die am wenigsten überzeugende Antwort. Dafür aber die wahrste, wenn man auf die senatseigene Gerüchteküche nur das Geringste geben darf. Sie besagt folgendes: Erstens weiß natürlich auch der Bürgermeister, daß man schlecht in Personalunion ein Parteiamt und ein Senatsamt ausfüllen kann, also für die Partei die Forderungen aufstellen kann, die man als Abteilungsleiterin anschließend ablehnen muß. Zweitens hält Wedemeier sowieso nicht allzuviel von seiner Mitarbeiterin, so daß er sie öffentlich über allen grünen Klee loben muß, um sie für höhere Aufgaben anderswo zu empfehlen.

In Senatskreisen kursiert übrigens schon ein Papier, in dem Kompetenzen, Sachmittel und Personalausstattung für das künftige Amt einer „Ausländerbeauftragten“ umrissen werden. Autorin: Dagmar Lill, geschrieben allerdings nicht von der künftigen Kandidatin, sondern von der noch amtierenden Mitarbeiterin des Bürgermeisters.

Rosi Roland

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