Keine Angst vor Porsche

■ Neuer Fahrrad-Kurierdienst setzt auch Motorrad und Auto ein / „Umweltschutz kannst du nicht verkaufen“ Radkuriere träumen von Rennen gegen New Yorker Kollegen im Herbst

Mit seinem 2.000 Mark teuren Rad hat Alexander im letzten Jahr 10.000 Kilometer zurückgelegt - nur so zum Spaß. Einmal hat er es auf 70 Sachen gebraucht: im Windschatten eines Autos auf der Autobahn, wo Radfahren eigentlich strikt verboten ist. Jetzt hat er seinen Job in einem Steuerbüro gekündigt. Seit April fährt er nur noch Rad - beruflich. „Ich bin Profi“, sagt Alexander - jedoch nicht als Rennfahrer, sondern als „Messenger“, als Radler für einen Kurierdienst.

„Die schnellste Kurier-Idee seit Erfindung des Rennsports“, mit diesem Slogan wirbt der „messenger courier service“ seit einigen Tagen für seine Dienste. „Bis fünf oder sechs Kilometer sind wir einfach schneller als das Auto“, behauptet „messenger„-Inhaber Joachim Beier. Skeptischen Kunden bietet er eine Wette an: „Sie stellen das Auto nehmen Sie ruhig einen Porsche - und Ihren besten Fahrer, wir schicken einen Messenger auf dem Bike ins Rennen.“

Beiers neue Firma ist nicht der erste Fahrrad-Kurierdienst der Stadt. Joachim Johr hatte es bereits seit gut einem Jahr versucht, strich mangels Aufträgen Anfang April jedoch die Segel. Seine kleine Kundenkartei übernimmt nun Beier. „Ein bißchen Kapital muß dabei sein“, hat Johr erkannt. Beier „ich komme aus dem Dienstleistungssektor“ - versucht es nun mit einer neuen Masche. Er will „nicht dieses Fixierte und Dogmatische“ und setzt deshalb neben sieben Radlern auch ein Motorrad ein. Für längere Strecken und gewichtigere Gepäckstücke sei das unverzichtbar, meint der Unternehmer. Auch ein Katalysator-Kleinwagen steht bereit, auf den die Radler bei schlechtem Wetter umsteigen können. In Köln und München können dagegen auch reine Raddienste auf dem Kuriermarkt bestehen. Die Innenstadt sei dort kompakter als in Berlin, argumentiert Beier.

Bewußt verzichtet der Jungunternehmer darauf mit der Umweltfreundlichkeit seiner Dienste zu werben. Er will einfach besser sein als die herkömmlichen Kurierfirmen, die ausschließlich Autos bemühen. Beier: „Umweltschutz kann man nicht verkaufen, es sei denn du heißt Greenpeace.“ Nein, Werbefachmann Beier will positiv denken: „Wir sind schnell, frisch und gut.“

Doch auch Beiers Marktnische sind die Staus der Stadt und die blockierten Parkplätze. Radler Alexander setzt auf den Überraschungseffekt: „Der Kunde muß staunen, daß es so schnell ging.“ Im Moment streicht der Kurierradler nur 250Mark in der Woche ein; Beier verheißt seinen Radlern künftig einen Verdienst von über 2.000 Mark im Monat. Dafür müssen sie jedoch selber strampeln. Jeder ist - wie bei herkömmlichen Kurierdiensten - formal „selbständiger Unternehmer“. Auch das Fahrrad stellt der Bote selbst. Beier: „Der Cowboy hat sein eigenes Pferd.“

Doch nicht im Wilden Westen liegt das Mekka der Radkuriere, sondern in New York. Radler Alexander freut sich jetzt schon auf den Herbst. Geplant ist dann ein Rennen gegen die messengers aus New York. Stattfinden wird es, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhüten, „vielleicht in einer neutralen Stadt“.

hmt