: Giftgasdepot Fischbach erneut blockiert
Erneut 24-Stunden-Blockade am Giftgaslager Fischbach / US-Studie: Pentagon lehnt Abtransport auf Wasserweg ab ■ Aus Fischbach Fabian Fauch
Rund um die Uhr blockierten gestern erneut rund 135 Friedensbewegte sämtliche Tore des Giftgaslagers im pfälzischen Fischbach bei Pirmasens. Nach Auskunft des Leiters der Vollzugspolizei im Landkreis Pirmasens, Roßmann, wollen die US-Streitkräfte nicht den freien Zugang zum Depot erzwingen. Die Polizei konnte sich deswegen zurückhalten. In dem Depot, dessen Existenz vom Bundesverteidigungsministerium weder bestätigt, noch dementiert wird, sollen 400 Tonnen Giftgas in 4.000 Tonnen Munition lagern.
Parallel zur neuen Blockade begannen vor dem Amtsgericht Pirmasens gestern nachmittag die Prozesse gegen zwei Frauen, die sich im Sommer 1988 an der Aktion „Sitzenbleiben für den Frieden“ in Fischbach beteiligt hatten. Anklagevorwurf des Staatsanwalts aus Zweibrücken: Versuchte oder tatsächliche Nötigung. Trotz dieser Prozesse wächst der Widerstand gegen das Giftgas-Depot - aber auch der Druck auf Kritiker. Der meuternde CDU-Bürgermeister der pfälzischen Verbandsgemeinde (VG) Dahn wurde zum Schweigen gebracht: Bürgermeister Hermann Aeckerle hatte sich öffentlich gegen Pläne der US -Streitkräfte gewandt, die Feuerwehr der VG in den militärischen Katastrophenschutz einzubinden. Aeckerle wollte zuerst Klarheit darüber, was in Fischbach lagert. Nun aber machte er nach einem Rüffel einen Rückzieher. Seine Sekretärin erklärte gestern gegenüber der taz: „Er will und kann sich dazu nicht mehr äußern“.
Indes veröffentlichten die Grünen gestern eine dreibändige Giftgas-Studie des Pentagons aus dem Jahre 1988. Das Gutachten bezieht sich zwar auf C-Waffen innerhalb der USA, läßt aber Rückschlüsse zu auf die in der Bundesrepublik gelagerten C-Waffen. Die USA müssen sich, so heißt es, ihrer bis zu 40 Jahren alten, teils lecken „unitären“ C-Waffen entledigen und sie durch „binäre“ Kampfstoffe ersetzen. Betroffen davon sind auch die 6,4 Prozent der US -Kampfstoffe, die außerhalb des US-Festlands lagern (Johnston-Island und Bundesrepublik). Dazu hat der Kongreß das Pentagon bis zum 30. September 1994 verpflichtet. Die US -Studie befaßt sich mit Methoden der Beseitigung und betrifft darin indirekt auch Fischbach. Der bisher vermutete Abtransport der Fischbacher Giftgase per Schiff über Bremerhaven muß angesichts der US-Studie ausscheiden. Auch die Schiene - von den Experten innerhalb der USA gutgeheißen - scheint für den Abzug aus Fischbach ungeeignet: In Fischbach gibt es keinen Gleisanschluß. Das hieße: mindestens dreimaliges Verladen der tödlichen Kampfstoffe noch innerhalb der Bundesrepublik.
Hartnäckig halten sich dagegen Vermutungen, die den Luftweg betreffen: den Abzug über den Militärflugplatz Ramstein. Er liegt rund 50 Kilometer (Luftlinie) nordwestlich vom Giftgaslager Fischbach; die gefährliche Fracht müßte dann nur zweimal umgeladen werden. Der US-Studie zufolge neigt das Pentagon indes generell dazu, die C-Waffen gleich vor Ort zu vernichten, im Falle Fischbach also direkt im naturgeschützten Pfälzer Wald. Innerhalb der USA wird dieser Methode höchste Priorität eingeräumt. Denn: Jeder Transport und jeder Weg macht laut Studie einen „größten anzunehmenden Unfall“ (GAU) wahrscheinlicher. Die Experten veranschlagen das Risiko von 1:1000 bis 1:10.000. %%
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