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Bewegung in Brüssel

■ US-Präsident Bush will schnellen Abschluß in Wien

KOMMENTARE

Der entscheidende Punkt an den gestern von US-Präsident Bush vorgestellten Abrüstungsvorschlägen für den Bereich konventioneller Waffen ist eine Willensbekundung. Man wolle, so Bush, die Verhandlungen über die Verringerung konventioneller Waffen beschleunigen, um in sechs bis zwölf Monaten zu einem Abschluß zu kommen. Bis 1992/93 könne der Vertrag dann umgesetzt sein, und parallel zur „Implementierung“ zöge er auch Gespräche über die Verringerung der landgestützten atomaren Kurzstreckenwaffen in Erwägung.

Unterstellt, dieser Zeitplan klappt, hätte Genscher zumindest einen Teilerfolg errungen. Bislang schienen die Amerikaner ihre „prinzipielle Bereitschaft“ zu Verhandlungen über die Kurzstreckenrakten durch ein Junktim mit Wien auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben zu wollen. Vor Mitte der 90er Jahre, so war aus amerikanischen Quellen regelmäßig zu hören, sei mit einer Annäherung in Wien nicht zu rechnen. Bis zu einem Vertragsabschluß wäreN die „Modernisierung“ der Kurzstreckenrakten also längst vollzogen und damit Fakten geschaffen, die die Sowjetunion nicht ohne Reaktion hätte hinnehmen können. Ist dagegen ein Vertrag in einem Jahr unter Dach und Fach, könnte über die landgestützten Atomwaffen vor einer definitiven neuerlichen Aufrüstungsentscheidung verhandelt werden. Das ist es, was Genscher zumindest will und auch Kohl gut in den Kram paßt, da der Verhandlungsbeginn vor den Bundestagswahlen 1990 läge. Der erste Schönheitsfehler dabei ist der Konjunktiv. Denn ist dieser Zeitrahmen auch realistisch? Nicht nur die amerikanischen Experten haben bislang das Gegenteil behauptet, auch Großbritanniens Maggie Thatcher beeilte sich gestern noch einmal zu erklären, es werde lange Zeit dauern, solche Abrüstungsvorschläge durchzusetzen.

Nun sitzt Kohl vollends in der Zwickmühle. Bush winkt mit einem Zeitplan, der, würde er realisiert, genau den Erfordernissen des Bundestagswahlkampfes entspräche. Dafür soll er nun die Forderung nach parallel zu Wien stattfindenden Kurzstreckenwaffen-Verhandlungen fallenlassen und damit den einzigen Trumpf, auf die USA Druck ausüben zu können, aus der Hand geben. Was, wenn Bush seinem „dear“ Helmut Mitte nächsten Jahres mitteilt, die Verhandlungen würde nun leider doch etwas länger dauern - auch wenn in Bonn die Wahlen vor der Tür stehen? Lehnt Kohl jedoch ab, stellt er die Vormacht als unglaubwürdig hin. Wie er sich auch dreht und wendet, die Amerikaner haben ihn in der Falle.

Jürgen Gottschlich

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