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Mahnmal im Morgengrauen zerstört

■ Antifaschistisches Mahnmal auf dem Oldenburger Pferdemarkt wurde vorgestern füh um fünf Uhr entfernt

Generalstabsmäßig lief die konzertierte Aktion ab. Am frühen Mittwoch morgen standen Hartmut Kühl, Leiter des städtischen Tiefbauamtes („Ich stehe hier für 140.000 Oldenburger Bürger“) und Polizeioberrat Günter Eutin, Leiter des Poizeiabschnitts Oldenburg-Stadt, nebst Bau- und Polizeitrupp auf dem Pferdemarkt, um das umstrittene Denkmal der IG Metall-Jugend abzuräumen. Das Mahnmal mit der Inschrift: „Nie wieder Faschismus - Gegen Ausländerfeindlichkeit - Gegen Rassismus“ fiel dem Schneidbrenner zum Opfer und landete auf dem Städtischen Bauhof.

Eskortiert wurde die Aktion vom Oldenburger Monopol-Blatt, der Nord-West-Zeitung. Auf den Oldenburger Frühstückstischen lag gestern ihr schneidender Kommentar (vgl. Kasten). An der Schrift-Front der NWZ saß der angestammte Polizei -Berichterstatter des Blattes, von dem man in Oldenburg weiß, daß er auch nach Feierabend gerne in Polizeikreisen verkehrt. Bestens unterrichtet war er vorher über den geplanten und von ihm herbeigeschriebenen Polizeieinsatz. Was Wunder, daß er um 5 Uhr morgens samt Fotograf zur Stelle gewesen war.

Zu welch abstrusen Rechtfertigungsleistungen Oldenburgs Sozialdemokraten in dieser Angelegenheit fähig und willens sind, bewies Oberstadtdirektor Heiko Wandscher. Er kommentierte nach Beendigung der Abriß-Ak

tion: „Es gab keinen Anlaß, auch noch einen einzigen Tag zu warten. Jeder weitere Tag im rechtlosen Zustand hätte ja gerade den extremen Rechten weiter in die Hände gespielt. Während da auf dem Pferdemarkt weiter Rechtsbruch betrieben wurde, sammel

ten die Rechtsextremen genüßlich Stimmung und Stimmen für die Europa-Wahl. Da kann man nicht tatenos zusehen.“

Dem von der IGM-Jugend nach einem Südafrika-Bildungsseminar aufgestellten Denkmal war von der Stadt nur eine auf den

31. Mai befristete Genehmigung gestattet worden. Die Fraktionen von SPD, CDU und FDP hatten dies gegen Grüne und DKP bestätigt. Seit Ende Mai hatten Jugendliche eine ständige Mahnwache organisiert, um gegen den drohenden Abriß zu protestieren.

Am heutigen Freitag um 18 Uhr ruft das „Aktionsbündnis zur Erhatung des Denkmals“, dem auch die IGM angehört, zu einer Demontration und Kundgebung am Pferdemarkt auf.

Gegen das gewerkschaftliche Mahnmal auf der Verkehrsinsel hatten die tonangebenden Sozialdemokraten immer nur formale Einwände vorgebracht - und ein konkurrierendes Mahnmal. Das hatte sich die Stadt schon vor zwei Jahren ausgedacht. Im Konsens aller Ratsfraktioen sollte auf dem Platz vor der ehemaligen Synagoge ein „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Oldenburg“ errichtet werden. (vgl. taz 3.6.) Über die vorliegenden

Wettbewerbsentwürfe wurde genau einen Tag nach der Entfernung des IGM-Mahnmals von der Jury beraten und entschieden.

Auf der mehrstündigen Sitzung unter der Leitung von Martina Rudloff, der Leiterin der Gerhard-Marx-Stiftung aus Bremen, widmete man sich nur dem Wunsch-Denkmal. Eine Diskussion über das antifaschistische Mahnmal von unten fand nicht statt. Den auswärtigen Jury-Mitgliedern war die Oldenburger Affaire verborgen geblieben. Jürgen Weichardt, Oldenburger Germanist, Kunstkritiker und ebenfalls Jury-Mitglied, gab seiner Unzufriedenheit über die „taktische Unklugheit der Stadt“ gegenüber der taz Ausdruck: In Konkurrenz sehe er die Mahnmale nicht, und eine unbefristete Genehmigung für das IGM-Mal hätte die Probleme aus der Welt geschafft. Weichardt bedauerte die „Unfähigkeit zur Diplomatie“.

anh

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