: China: Nach dem Blutbad kommen die Säuberungen
■ Chinesische Führung gibt Hunderte von Verhaftungen bekannt / Warnung an ausländische Journalisten Propagandaaktion der Regierung: Angeblich ist auf dem Tiananmen-Platz kein einziger Schuß gefallen
Peking (ap/dpa) - Die chinesische Regierung hat am Wochenende Hunderte von Menschen festnehmen lassen, die im Verdacht stehen, an den Demonstrationen für Demokratie und Freiheit teilgenommen zu haben. In Rundfunkberichten von gestern hieß es, unabhängige Studentengruppen seien verboten und Demonstranten festgenommen worden. Am Samstag hatte das Fernsehen von 400 Festnahmen berichtet. Der Besitz ausländischer Veröffentlichungen, in denen über die Demonstrationen in Peking berichtet wird, wurde unter Strafe gestellt.
In Schanghai verschickten die Behörden einen offenen Brief an alle ausländischen Missionen, in denen ihnen geraten wurde, den JournalistInnen der jeweiligen Länder zu sagen, daß sie ohne Genehmigung des Außenministeriums in Peking nicht aus Schanghai berichten dürften.
In einer Meldung aus der nordostchinesischen Stadt Jilin wurde berichtet, „26 Elemente“, die Schwierigkeiten gemacht hätten, seien bei einer Kundgebung „öffentlich bestraft“ worden. Es wurde nicht mitgeteilt, welcher Art die Bestrafung war. Neunzehn Personen seien wegen Mordes, Diebstahls und anderer Verbrechen festgenommen, sieben weitere zur „Umerziehung“ weggeschickt worden. In Schanghai forderten die Behörden zur sofortigen Auflösung unabhängiger Studentengruppen auf. Fortsetzung auf Seite 2
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Deren Anführer müßten sich bei den Behörden melden.
In Wuhan nahm die Polizei 28 Menschen fest. Sie hatten ein Spruchband entfaltet, auf dem stand: „Arbeiter unterstützen die studentischen Demonstranten.“ In Xian wurde der Bevölkerung befohlen, alle ausländischen Zeitungen und andere Publikationen abzuliefern, in denen „verzerrte Propaganda“ über die Ereignisse in Peking enthalten sei. Die chinesische Regierung begann mit einer Großkampagne, um die Bevölkerung davon zu überzeugen, daß die Studenten auf dem Platz des himmlischen Friedens keineswegs von Soldaten angegriffen worden seien. Zeitungen berichteten am Samstag, auf dem Tiananmen-Platz sei nicht ein einziger Schuß gefallen.
Das chinesische Fernsehen veröffentlichte ausländische Fernsehaufzeichnungen, in denen ein Mann berichtete, was auf dem Platz geschehen ist. Die PekingerInnen wurden aufgefordert, diesen Mann den Behörden auszuliefern, weil er nicht die Wahrheit gesagt habe.
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