: „Ein Akt normaler Höflichkeit“
Namibias politisch bedeutungslose „Demokratische Turnhallenallianz“ wurde mit allen protokollarischen Ehren in Bonn empfangen / Das letzte westliche Standbein im zukünftigen unabhängigen Namibia ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan
„Wir sind bestrebt, mit allen wichtigen politischen Kräften in Namibia Kontakt zu halten.“ So begründete ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gestern in Bonn, weshalb Außenminister Genscher eine Delegation des namibischen Parteizusammenschlusses „Demokratische Turnhallenallianz“ (DTA) empfangen hatte. Auch Entwicklungshilfeminister Jürgen Warnke traf sich mit der Delegation. Er versicherte ihr, die Bundesregierung werde dem zukünftig unabhängigen Namibia großzügig Entwicklungshilfe gewähren. Das Bemerkenswerte an den Zusammenkünften: In Namibia selbst spielt die eher rechtsgerichtete DTA nur eine geringe politische Rolle. Bei den Wahlen im November wird sie gegen die Befreiungsorganisation Swapo keine Chance haben. Von der UNO ist bisher nur die Swapo als „authentische“ Vertreterin des namibischen Volkes anerkannt worden. Die DTA hingegen wurde lange Jahre von Südafrika unterstützt, und auch jetzt, im namibischen Wahlkampf, unterstützt das Rassistenregime die Allianz. Dennoch wurde die DTA in Bonn mit den gleichen protokollarischen Ehren empfangen wie schon im März Swapo -Führer Sam Nujoma. „Es wäre doch sehr unhöflich und würde überdies allen diplomatischen Gepflogenheiten widersprechen, wenn politische Gäste unterschiedlich behandelt würden“, so der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Hintergrund der Gleichbehandlung ist allerdings nicht Genschers ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit, sondern der Einsatz von CDU- und CSU -Politikern für die DTA. Diese gilt ihnen nämlich im Gegensatz zur als radikal verschrienen Swapo als gemäßigt, sprich ihren politischen Vorstellungen geneigt. So wird als sicher angenommen, daß die DTA auch schon seit Jahren von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und der CSU-nahen Hans Seidel-Stiftung unterstützt wird. Für das Komitee „Freiheit für Namibia“, das mit der DTA zusammenarbeitet, werben unter anderem der ehemalige Bundestagspräsident Kai -Uwe von Hassel, einige Unions-Abgeordnete, einige Staatssekretäre, Heinrich Lummer und andere. Bisher konnte sich Außenminister Genscher der Forderung dieser Riege nach offiziellen Kontakten mit der DTA überzeugend entziehen: Ihr Vorsitzender Dirk Mudge war Finanzminister der von der Bundesregierung nicht anerkannten namibischen Übergangsregierung.
Der formale Grund für eine Kontaktaufnahme und Pflege zwischen Bundesregierung und DTA ist weggefallen. Und dies reicht aus, sie zumindest äußerlich in den Rang der Swapo zu heben: „Alle beide sind politische Parteien. Dies ist ausschlaggebend“, meint der Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen