: Leitzentrale statt Führerbunker
■ Unterm Fehrbelliner Platz reicht Mompis Knäckebrot für 14 Tage / Musikteppiche für die überlebenden Ratten
Seit Jahren geht das Gerücht um, der Senat habe für Krisenfälle einen „Regierungsbunker“ unter dem Gebäude der Innenverwaltung am Fehrbelliner Platz. Jetzt durften erstmals die „geheimen“ Räume besichtigt werden. Sie entpuppten sich als Unterkunft für Führungsstäbe im Katastrophenfall. Bei Grundsteinlegung in den Sechzigern sollten auf den 2.500 Quadratmetern in politischen Ausnahmesituationen die Regierungs- und Verwaltungsfunktionen konzentriert werden. Frisch in Erinnerung waren noch das Chruschtschow-Ultimatum und der Mauerbau. Mit der zunehmenden Entspannung wandelte sich dann der Zweck der Einrichtung.
Heute sollen hier die Fäden zusammenlaufen, falls ein Flugzeug auf ein Gaswerk stürzt, sich ein größeres Chemie -Unglück oder in der DDR ein „Tschernobyl“ ereignet. Bisher gab es keinen Anlaß, den Katastrophenstab unterirdisch einzuberufen. Bis zu 180 Mitarbeiter können hier in zwei Schichten arbeiten. Die Verpflegung - Dosensuppen, Knäckebrot, Marmelade, Mineralwasser - und zwei Tanks mit 5.000 Liter Trinkwasser reichen für 14 Tage. 104 Betten sind für Übernachtungen aufgestellt. Für Durchsagen über SFB und Rias steht ein Studio bereit. Auch an den Regierenden ist gedacht. Für ihn ist ein Raum reserviert, mit Sitzecke und niedlichen Erinnerungsbildern aus dem Berliner Stadtbild. ABC-Schutzeinrichtungen gibt es dagegen nicht. Auch Evakuierungspläne für die Bevölkerung existieren nicht. Es gibt nur wenige Zivilschutzanlagen. „Ich glaube nicht, daß wir bei einer chemischen oder atomaren Verseuchung irgend etwas zum Schutz der Stadt tun können“, sagte ein Sprecher. Wer will schon in die DDR flüchten? Zudem gibt es mit Ost -Berlin keine Absprachen für Katastrophen. Es gab zwar eine direkte Telefonverbindung zwischen der Polizei in Ost- und West-Berlin; sie wurde beim Mauerbau gekappt.
dpa/taz
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