Schwedischer Atommüll nach Gorleben

Europäisierung der Entsorgung bereits 1985 vertraglich ausgehandelt / Im Zuge eines Atommülltausches sollen die Reste von 57 Tonnen schwedischer Brennelemente in Niedersachsen endgelagert werden  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

Die Zusicherung der Regierungen in Bonn und Hannover, in den geplanten Atommüllendlagern Gorleben und Schacht Konrad werde nur bundesdeutscher Atommüll eingelagert, war von Anfang an eine bewußte Täuschung der Öffentlichkeit. Die Bundesregierung hat bereits im Jahre 1985 der Endlagerung von schwedischem Atommüll in der BRD zugestimmt. Die Grünen konnten gestern in Hannover einen Vermerk des Bundesumweltministeriums über den Transport von MOX-Brennelementen nach Schweden der Öffentlichkeit vorlegen, der sich ausführlich auf einen „mit Zustimmung der Bundesregierung“ im Jahre 1985 geschlossenen Vertrag zwischen der schwedischen Firma „Svensk Kärnbränslehandering AG“ und deutschen AKW-Betreibern bezieht.

In dem Vertrag verpflichteten sich die deutschen „Kernkraftwerksbetreiber unter der Federführung des RWE“ im Gegenzug für die Lieferung von abgebrannten MOX -Brennelementen nach Schweden, die Reststoffe aus der Wiederaufarbeitung von „ca. 57 Tonnen abgebrannter Brennelemente“ aus schwedischen Leichtwasserreaktoren zu übernehmen. Nach der in La Hague vorgesehenen Wiederaufarbeitung der schwedischen Brennelemente sollten das zrückgewonnene Uran und Plutionium in der BRD verwertet und die dabei „anfallenden Abfälle zum Zwecke der Endlagerung in die Bundesrepublik geliefert“ werden, heißt es in dem Vermerk. Aus bundesdeutschen AKWs sollen dem Vermerk zufolge im Zuge des Atommülltausches insgesamt 24 Tonnen abgebrannte MOX-Brennelemente nach Schweden transportiert werden. Die schwedischen Brennelemente, deren Reststoffe in Schacht Konrad oder Gorleben eingelagert werden sollen, lagerten bereits bei der Cogema in La Hague, heißt es in dem sechsseitigen Vermerk vom 25.November 1988.

Der grüne Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann warf gestern nach der Veröffentlichung des Vermerks Bundesumweltminister Töpfer und Niedersachsens Umweltminister Remmers vor, „die Bevölkerung bewußt über die längst beschlossene Europäisierung der bundesdeutschen Endlager zu täuschen“. Die Erklärung von Werner Remmers im niedersächsischen Landtag, wonach „bei uns im Lande nur die kernenergetischen Abfälle aus unseren bundesrepublikanischen Kernkraftwerken endgelagert werden“, nannte der Abgeordnete „nichts als glatte Lüge“.

Nach Auffassung Kempmanns „bricht die geplante Endlagerung von schwedischen Atommüll in Schacht Konrad oder Gorleben den Damm“, den Remmers gegen die Europäisierung der beiden Endlager hatte errichten wollen. Remmers hatte zuletzt angekündigt, die Europäisierung seiner Endlager durch Bestimmungen in den Genehmigungen verhindern zu wollen. Das von Remmers angekündigte Verbot der Einlagerung von ausländischem Atommüll in Niedersachsen ist allerdings nach Auffasung von Hannes Kempmann „nicht mehr ernst zu nehmen, wenn hier gleichzeitig schwedischer Atommüll eingelagert werden soll“.