: AKW-Anhörung zum zweiten
Der Mainzer Justizminister Caesar und Umweltminister Beth gehen in die Knie: AKW-Anhörung zu Mülheim-Kärlich war rechtswidrig und war unfair / Die Anhörung muß neu aufgerollt werden ■ Von J. Weidemann
Mainz (taz) - Nach der skandalösen Anhörung zum AKW Mülheim -Kärlich muß erstmals in der bundesdeutschen Atomgeschichte ein atomrechtlicher Erörterungstermin neu aufgerollt werden. Dies verkündete gestern kleinlaut der Mainzer Umweltminister Alfred Beth (CDU) zusammen mit dem Justizminister Peter Caesar (FDP).
Caesar konstatierte, das bisherige Erörterungsverfahren sei „zumindest rechtlich problematisch“. Der Justizminister sah durch die strikten Einlaßkontrollen, die letztlich Beth zu verantworten hatte, das „Übermaßverbot“ verletzt. Die restriktiven Leibesvisitationen beim Erörterungstermin seien nicht zu rechtfertigen, meinte Caesar. Sie verstießen in „Art und Umfang“ gegen Artikel 2 des Grundgesetzes. Solche Maßnahmen seien nur anzuwenden, wenn sich der „hinreichende Verdacht ergeben hätte, daß Waffen und Wurfgeschosse mit zum Termin gebracht worden wären“. Caesar: „Es gab aber weder Flugblätter, noch Drohungen oder Aufforderungen, Schußwaffen mitzubringen.“ Durch die Einlaßkontrollen seien EinwenderInnen vom Termin abgeschreckt worden. Dies verstoße gegen den Grundsatz, ihnen „rechtliches Gehör“ zu gewähren. Auch an einer „fairen Verhandlungsführung“ hegt Caesar Zweifel.
Dazu werden aber noch die Protokolle geprüft. Die Verhandlungsleitung hatte dieses Protokoll jedoch immer ausgeschaltet, wenn es kritisch wurde. Die bisherigen Mängel reichen offensichtlich aus, die Rechtmäßigkeit der Erörterung zu gefährden. So kommt es nicht von ungefähr, daß das Land so plötzlich in die Knie sinkt.
Dennoch drückt sich Beth davor, den Termin „neu aufzurollen“. Ohne atomrechtliche Grundlage will er nun das formal bereits abgebrochene Verfahren schlicht „fortsetzen“. Offen blieb gestern noch das Datum. Beth sieht sich außerhalb jeder Verantwortung für den atomrechtlichen Skandal. Er habe seinem Verhandlungsleiter Rebentisch nicht hineinreden wollen. Ob dieser mit Disziplinarmaßnahmen rechnen müsse, wollte Beth nicht endgültig beantworten. Der Kraftwerksbetreiber RWE bedauerte, daß sich die Inbetriebnahme erneut verzögere. Als einen „Sieg gegner die AKWs, die sich den rechtsstaatlich unhaltbaren Kontrollen widersetzt haben“, bezeichnete der Berliner Umweltanwalt Geulen die Mainzer Entscheidung.
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