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Plant Thyssen Rüstungsexporte über kanadisches Montagewerk?

Berlin (taz) - „Das ist völliger Quatsch, ein Gerücht, das vor Jahren schon einmal auftauchte, an dem aber nichts dran ist.“ Der Thyssen-Mann, Herr Webers von Thyssen Industrie, ist sich da ganz sicher: „Wir werden in Kanada nichts tun, was wir nicht von der Bundesrepublik aus auch tun könnten.“ Weite Teile der kanadischen Öffentlichkeit sind von diesen Beteuerungen ganz und gar nicht überzeugt. „Thyssen“, so der Sprecher eines kanadisch-israelischen Komitees, „kommt hier hin, um bundesdeutsche Gesetze, die den direkten Rüstungsexport in den Nahen Osten verbieten, zu umgehen.“ Seit Jahren verhandelt Thyssen-Henschel mit der kanadischen Regierung über ein Industrieansiedlungsprojekt mit einem Volumen von rund 94 Millionen Mark. Gestern berichtete die französische Nachrichtenagentur 'afp‘ unter Berufung auf die kanadische Thyssen-Filiale Bear Head Industries Ltd., die kanadische Regierung hätte nun grünes Licht gegeben.

Montiert werden sollen in dem Werk in der Provinz Neuschottland zum Beispiel Lokomotiven und eventuell ein neuer Typ von Eisbrecher, aber auch gepanzerte Fahrzeuge. Thyssen, so die kanadische Presse, hätte bereits bei den entsprechenden Regierungsstellen vorgefühlt, was diese von einem Export der Panzerfahrzeuge nach Saudi-Arabien, Kuwait, Pakistan, Bahrain, Algerien und die Vereinigten Arabischen Emirate halten. Bekanntlich sind die kanadischen Rüstungsexportbestimmungen weniger streng als die bundesdeutschen und die Fahrzeugproduktion schafft schließlich in Kanada auch Arbeitsplätze, was der Regierung in Toronto besonders am Herzen liegt. Von dieser Anfrage will Herr Webers jedoch nichts wissen. Vielmehr gebe es ausschließlich Verhandlungen mit dem kanadischen Verteidigungsministerium wegen deren Bedarfs nach gepanzerten Fahrzeugen. „Dieser Auftrag“, so Webers, „scheint zu klappen. Aber wir produzieren nur für den nordamerikanischen Markt.“ Warum sich Herr Webers da so sicher ist, bleibt sein Geheimnis. Schließlich wird es sich um eine kanadische Firma handeln, die von dem bundesdeutschen Kriegswaffenkontrollgesetz nicht betroffen ist.

JG

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