Rentenraub und Selbstbedienung

■ Überbrückungs- und andere Gelder für unsere Abgeordneten

Wenn man sich schon bereichert, dann soll es wenigstens nicht so aussehen, als werde dies in finsterer Nacht unter Ausschluß der Öffentlichkeit betrieben, dachten sich die Alt -Parteien beim Thema Diätenerhöhung. Und so wurde der Tagesordnungspunkt vom späten Donnerstag abend auf Freitag morgen verlegt.

Doch solcherart Sensibilität hat ihre Grenzen: Man gibt sich bescheiden bei der Erhöhung der Grundversorgung und schlägt statt dessen bei der Zukunftssicherung zu. Weil das Sterbegeld für Abgeordnete angesichts von Bevölkerungsprotesten nicht mehr haltbar war, nachdem die Blümsche Gesundheitsreform dies für die Normalbevölkerung strich, gibt es nun Ersatz: „Überbrückungsgeld für Angehörige“ heißt es nun und beträgt 9.000-14.000 Mark.

Außerdem erobern sich die Abgeordneten die vom Bundesverfassungsgericht kassierte unbegrenzte Rentenmaximierung klammheimlich zurück. Nicht nur 40 Prozent - wie jeder Beamte - sondern 50 Prozent dürfen die Abgeordneten von dem behalten, was über die Höchstgrenze hinausgeht. Trick zwei ist noch unverschämter: die Kappungsgrenze greift nicht beim nominell höchsten Ruhegeld von 6.900 Mark monatlich, sondern ist bezogen auf die aktuelle Diätenhöhe. Im Klartext: Abgezogen wird sowieso nur bei dem, der mehr als 9.221 Mark Altersgeld erhält.

Daneben haben sich die Abgeordneten ausgedacht, daß Pensionsansprüche nur erwirbt, wer mindestens zwei Wahlperioden im hohen Hause sitzt. Betroffen sind davon fast ausschließlich die Grünen, denn die durchschnittliche Zugehörigkeitsdauer eines Abgeordneten lag bereits zu Beginn der jetzigen Legislaturperiode bei 10,52 Jahren - also fast drei Wahlperioden. Das ist übrigens der höchste jemals erreichte Durchschnitt. Kein Wunder, daß bei den Grünen -Abgeordneten, von denen einige die bisher geltende Anspruchsgrenze von sechs Jahren gerade erreichen, vom „Rentenraub an grünen Mandatierten“ die Rede ist. Es geht immerhin um monatlich 3.000 Mark.

Da diese Regelung die „Tendenz zum Berufspolitikertum und Sesselkleberei“ (Gerald Häfner/Grüne) verstärkt, hat nun die SPD unerwartete Probleme bekommen. Weil nämlich die Pensionshöchstmarge künftig erst nach 18- statt bislang 16jähriger Abgeordnetentätigkeit erreicht wird, bestehen etliche alte Recken nun darauf, noch ein fünftes Mal aufgestellt zu werden. Damit aber gerät die SPD-Quotierung in Gefahr, die nach der nächsten Wahl einen Frauenanteil von 25 Prozent vorsieht. Derzeit sitzen für die SPD nur 16 Prozent Frauen im Bundestag.

Gerd Nowakowski