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Kulinarische Vergnügungsreisen I

■ Kochbücher zum Schmökern: Die ethnische Vielfalt der karibischen Küche

Der gute Geschmack gehört heutzutage zum guten Ton. Sinneslust und Altersmilde haben erheblich zur Kultivierung der Gaumenfreuden beigetragen. So verlagerten sich die erbitterten Debatten um die letzten Weisheiten dieser Welt aufs kulinarische Terrain. Um den zahlreichen Virtuosen am heimischen Herd argumentativen Nachschub zu liefern, empfiehlt die taz in einer kleinen Serie Kochbücher. Nicht solche, die ausschließlich Rezeptverwalter sind, sondern kulinarische Lesebücher, die Gerichte und ihre Geschichte vorstellen, deren Bilder das Wasser in Mund und Auge treiben.

„Ich war am Rande des Paradieses!“, notierte Columbus über seine ersten Begegnungen mit der Karibik. Für die indianischen Ureinwohner dagegen begann mit seiner Ankunft die Hölle. Nach ihrer nahezu vollständigen Ausrottung läßt sich ihr kulturelles Erbe nur mühsam noch entdecken. Auch in den heutigen Eß-und Kochgewohnheiten der Antillen erinnern nur noch wenige Nutzpflanzen an die Zeit der Indianer und Kariben. Maniok und Mais als damalige Grundnahrungsmittel sind (wenn auch nicht in der früheren Vielfalt) noch in Verwendung wie Chili zur Herstellung der vielen unverzichtbaren Saucen. Denn weil kaum Salz aus Meerwasser gewonnen wurde, entwickelte sich der Brauch, mit scharfen Saucen zu würzen. Eine indianische Fleisch-Zubereitungsart allerdings hat, den Siegeszug angetreten: aus dem barbacoa, dem ganztägigen Rösten und Garen von dünnen Fleisch-Streifen über einem Holzkohlenfeuer wurde das Barbecue.

Heute sind die Karibischen Inseln ein Schmelztiegel der Nationen und ihre Küche legt beredtes Zeugnis davon ab. In dem Band Karibisch Kochen, vorgelegt von der Edition dia, haben die beiden Autorinnen eine Vielzahl von Gerichten zusammengetragen, die gerade durch die Mischung von exotischen Produkten, afrikanischer Zubereitung und europäischem Einfluß faszinieren. Sei es das Jug Jug, das traditionelle Weihnachtsgericht auf Barbados, sei es der schnell und einfach zubereitete Westindische Eintopf, der mit einer der wichtigsten Zutaten, der Kochbanane, vertraut macht. Für Fischliebhaber liefert das Buch, das in praktischer Spiralheftung auf dem Markt ist, eine Vielzahl ungewöhnlichster Rezepte (Haifischeintopf oder Bananensauce mit Klippfisch). Glücklicherweise enthält das Werk neben den Fisch-, Fleisch-, Saucen-, Chutney-und Rumrezepten auch ein Glossar der möglichen Ersatzprodukte. Denn in Bremen ist es ja schon mehr als schwierig, frischen Koriander oder Okraschoten zu bekommen, ganz zu schweigen von Yamswurzel und Cassareep.

Andreas Hoetzel

H.Keller/M.Greaves: Karibisch Kochen, edition dia, 184 Seiten, 11 Fotos, 29.80 Mark.

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