Mit 585 „echt ein scharfer Typ“

■ Ein Bremer Geburtstagskind hat für sein Alter noch beste Chancen in der jüngeren Damenwelt

Für sein Alter sieht der Typ gar nicht mal so schlecht aus. Bißchen zerknittert im Gesicht vielleicht, aber sonst fast wie Robert Redford. Was der Kerl auf dem Marktplatz zu suchen hat, weiß A. (17) beim besten Willen nicht („Ich glaube, der steht hier, um Bremens Freiheit gegenüber den anderen Bundesländern zu verteidigen“). Aber von Männern versteht sie was. Mit so einem abends weggehen? Klar, wenn er die dämlichen goldenen Gamaschen und den blöden Batman -Umhang

zu Hause läßt. Und Geburtstag hat er? Na, da müßte er ja auch noch einen ausgeben - also, schämen würd ich mich mit so einem in der Disko nicht.

Der Herr, von dem die Rede ist, und der sich offensichtlich noch beneidenswerter Beliebtheit in der jüngeren Damenwelt erfreut, ist eigentlich ein überfälliger Fall für die Bremer Heimstiftung. Im zarten Alter von 585 gehören Männer, die auf ihre Hausärzte hören schließlich nicht mehr leichtgeschürzt ins Bremer Schmuddelwetter.

Trotzdem: F., ebenfalls Schülerin, findet: Könnte mein Typ sein, Locken sind jetzt sowieso in. In Wirklichkeit stell ich mir die blond vor, und die Augen sind blau. Nicht schlecht. Bloß dieser Name! Robert, ne Roland oder so. Auf jeden Fall ziemlich bescheuert. Aber dafür ist er ja auch 'n Heiliger. Und: Mit dem Tanzen könnte es in dem Alter Maleschen geben: Der Mann trägt doch schon Prothese!

Als Statue ja ganz imposant, aber als Mann? Da gibt der für mich wenig her, befindet eine junge Touristenmutter allerdings unter Umständen, die Zweifel an ihrer gegenwärtigen Glaubwürdigkeit zulassen: Der Ehemann steht direkt daneben. Angesichts des weiblich-weisen Paris-Urteils und des zwischenzeitlich verstohlen selbst vorge

nommen Vergleichs zwischen Roland Redfords Modell -Brustkastens und dem rachitischen eigenen Oberkörper entspannen sich seine Züge aber. Ungefragt findet er die ganze Figur zu bunt, ein bißchen geschmacklos und nicht so schön schlicht wie unseren Braunschweiger Löwen.

Auch ohne falsche Rücksichtnahme findet eine ältere Dame ihn doch irgendwie zu grobschlächtig, steif und militaristisch. Diese spitzen Knie! Und dann der Gürtel mit diesem martialischen Koppelschloß. Und wo das sitzt. Der gehört doch in die Taille. Aber doch nicht dahin.

Übrigens: Eine Nachfrage, was der Bremer Roland unabhängig von seiner unfreiwilligen Männlichkeits -Maßstäblichkeit - auf dem Marktplatz zu suchen hat, mußte selbst am gestrigen 585. Geburtstag des Bremer Ehrenbürgers wegen erwiesener Unergiebigkeit abgebrochen werden. Von 30 unrepräsentativ befragten Buten- und BinnenbremerInnen wußte kaum eine mehr als irgendwas von Bremer Wahrzeichen oder irgendwas mit Freiheit zu murmeln. Mehrfach mußte es sich der symbolische Verteidiger städtischer Freiheitsrechte gegenüber kirchlicher Machtlust gar gefallen lassen, selbst als Klerikaler angesprochen zu werden, als heiliger Schutzpatron aller Hansestädte

z.B. oder als Heiliger der Kaufleute. Eine pragmatisch -originelle Funktionsbeschreibung fiel immerhin einem Wolfsburger Tages-Touri ein: Der ist aufgestellt, damit man als Auswärtiger beweisen kann, daß man in Bremen war. K.S