: Geisterfahrer
Die Havelchaussee: Ein Testfall für die SPD ■ K O M M E N T A R
Als Geisterfahrer mag man Verkehrssenator Wagner eigentlich nicht bezeichnen; doch dann, wenn die Umweltsenatorin ein wichtiges Ziel ansteuert, geht Wagner öfter mal auf Gegenkurs. In Sachen Havelchaussee verbirgt seine Behörde diese Gegnerschaft freilich geschickt im Nebel. Schließlich kann es ja durchaus verdienstvoll sein, auf juristische Probleme hinzuweisen, die Schreyer beachten sollte, bevor sie die Schranken installiert. Eine Sperrung, die alsbald wieder aufgehoben wird, weil sie vor Gericht keinen Bestand hat, schadet mehr, als daß sie nutzt. Diese gute Absicht muß Wagner allerdings abgesprochen werden. Denn im Gegensatz zur Justizsenatorin läßt er seine Bedenken offen streuen. Der beabsichtigte Effekt: Schreyers Konzept gerät ins Zwielicht.
Mit diesem Kurs kann der Verkehrssenators durchaus einen Crash provozieren. Denn die Sperrung der Havelchaussee ist für viele in der AL ein Testfall, an dem die Senatorin beweisen soll, daß sie mehr ist als das Anhängsel eines von wenigen SPD-Männern dominierten Senates. Als Prüfstein ist die Havelchaussee überdies ein weit tauglicheres Objekt als die Stromtrasse, für deren Bau es wirklich handfeste juristische Argumente gibt. Zwingt die SPD Schreyer, auch die Pläne zur Sperrung der Ausflugsstraße im Havelsand zu begraben, dann wäre das eine Demütigung, über die sich die AL zu Recht erregen dürfte.
Denn die Argumente hat Schreyer auf ihrer Seite - heute mehr denn je. Die Zeiten, in denen Surfer und Paddler auf die innerstädtischen, Westberliner Seen angewiesen sind, dürften endgültig vorbei sein. Und die Sorge einiger Gastronomen um ihren Bierumsatz kann kaum ernsthaft in den gleichen Rang erhoben werden wie die Trinkwasserversorgung einer - rapide wachsenden - Millionenstadt. Wem die Maßstäbe derart durcheinandergeraten, der hat selbst zu tief ins Bierglas geschaut. In diesem Zustand sollte man die Finger bekanntlich vom Steuer lassen - bevor die Karre am Baum hängenbleibt.
Hans-Martin Tillack
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen