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Bonn würgt an Hilfe für El Salvador

Auswärtiges Amt und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit drücken sich um klare Aussage über weitere Zahlung von Entwicklungshilfe an El Salvador / Brutales Vorgehen der Sicherheitskräfte des Landes macht selbst CDU/CSU-Fraktion nachdenklich  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

„Wir denken darüber nach“, antwortet das offizielle Bonn im Augenblick auf die Frage danach, ob die bundesdeutsche Entwicklungshilfe an El Salvador ausgesetzt werden soll, um die Regierung Christiani an den Verhandlungstisch mit der Befreiungsorganisation FMLN zu zwingen. Vor einer solchen Intervention müsse man sich erst einmal darüber informieren, wer für das Blutvergießen der letzten Tage verantwortlich sei. Auf diese Position zieht sich das Entwicklungshilfeministerium zurück.

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes hält es für ausreichend, daß die Bundesregierung zusammen mit den anderen EG-Staaten an Regierung und Guerilla appelliert, miteinander zu verhandeln. Die Entwicklungshilfe einzustellen oder als Zeichen des Protests gegen das brutale Vorgehen von Armee und Todesschwadronen den deutschen Botschafter zurückzurufen sei nicht diskutiert worden. „Keine Veranlassung“ sieht er für ein Gespräch Außenminister Genschers mit der US -Regierung über deren Militärhilfe an El Salvador. Daß diese auch jetzt noch weiterfließe, sei „nicht problematisch“, überdies liege in diesem Bürgerkrieg „die Kausalität auf seiten der Guerilleros“.

Mit dieser Position fällt das Auswärtige Amt noch hinter die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurück. Deren entwicklungspolitischer Sprecher Pinger will zwar die nächsten Tage abwarten. Falls sich jedoch „die ganz rechten Kräfte innerhalb der Regierung“ durchsetzten, müsse man „nachdenken, ob wir weitermachen wie bisher“.

Allerdings scheint für Pinger lediglich das besonders brutale Vorgehen der vergangenen Woche Anlaß zu dieser Überlegungen. Werde Präsident Christiani sich wie vor der Offensive der letzten Tage, vor dem Mord an den sechs Priestern „weiterhin um die Einhaltung der Menschenrechte bemühen“, sei es denkbar, daß die Hilfe weiterfließe wie bisher.

Ende Juni hatten die ParlamentarierInnen die Bundesregierung aufgefordert, „daß die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit El Salvador abhängig gemacht wird von der Einhaltung der Menschenrechte, der demokratischen Entwicklung und der Unterstützung des zentralamerikanischen Friedensprozesses durch die Regierung von El Salvador“.

Pingers Fraktionskollege und Obmann im zuständigen Ausschuß Werner Schreiber spricht sich hingegen für den Stopp weiterer Entwicklungshilfe aus. Er will „unbedingt ein Zeichen setzen“. Auch der Koalitionspartner FDP sieht die Voraussetzungen der Hilfe „wohl nicht mehr erfüllt“, nun müsse Druck ausgeübt werden, so der Abgeordnete Ulrich Irmer.

Die SPD will die Hilfe „überdenken“ und „höchstwahrscheinlich“, so ein Sprecher, daran knüpfen, daß die Regierung mit der FMLN verhandelt. Die Grünen fordern schon seit langem die sofortige Einstellung der Entwicklungshilfe.

El Salvador ist das von Bonn am stärksten unterstützte Land Zentralamerikas.

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