Auslandskapital gewollt

■ Arbeitsgruppe der Plankommission will auch Tarifverträge / Neue Rechte für Betriebe / Belegschaftsaktien gefordert

Berlin (taz) - Ein Rahmenkonzept für die DDR -Wirtschaftsreform ist gestern in mehreren DDR-Zeitungen veröffentlicht worden. Danach sollen unter anderem Auslandskapital an Aktiengesellschaften und GmbHs zugelassen und Löhne und Gehälter per Tarifvertrag ausgehandelt werden. Für die Vorschläge zeichnen Walter Schmidt und Harald Rost von der Leitung der Arbeitsgruppe Wirtschaftsreform der Staatlichen Planungskommission verantwortlich.

Jeder Versuch, die DDR-Wirtschaft „nur kosmetisch zu verändern, führt unweigerlich in kürzester Frist zum wirtschaftlichen Kollaps und damit zum Diktat westlicher Großbanken“, schreiben die Autoren. Um dies zu verhindern, sei „die breite Entfaltung der Eigentumsformen“ erforderlich. Beim staatlichen Eigentum sollen neue Formen der Gewinnbeteiligung der Belegschaften einschließlich des Verkaufs von Aktien gefunden werden, beim Privateigentum sind auch Beteiligungen von Auslandskapital im Rahmen von Aktiengesellschaften oder GmbHs anzustreben.

Die Dominanz des gesellschaftliche Eigentums soll dabei erhalten bleiben; aus dem Papier geht nicht hervor, ob damit eine maximal 49prozentige Privatbeteiligung an großen Unternehmen gemeint ist oder aber die Absicht, den Staatsbesitz in der Wirtschaft insgesamt dominant zu halten. „Eine viel größere Rolle als bisher müssen Betriebe spielen“, heißt es weiter. Sie sollen künftig volle Selbständikeit erhalten, Mark und Valuta selbst erwirtschaften und den Gewinn eigenverantwortlich einsetzen.

Die Wirtschaftseinheiten haben künftig auch die Aufgabe, die Entlohnung der Belegschaft festzulegen „im Rahmen von zwischen den Ministerien, den Gewerkschaften und den Leitungen der Wirtschaftseinheiten auszuhandelnden zeitlich befristeten Tarifverträgen.“ Vom Streikrecht ist nicht die Rede; Interessenkonflikte sollen „bewußt als mobilisiserender Faktor“ genutzt werden. Schlußwort: „Die Wirtschaftsreform braucht den gesellschaftlichen Konsens, wenn sie Erfolg haben soll.“

diba

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