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Die Terrorisierung der Medien

■ Sri Lanka: Krieg gegen Drucker, Zeitungsverkäufer und Journalisten

Der Mord an dem 67jährigen D.T.L. Guruge - Vorsitzender und Generaldirektor der Rundfunkgesellschaft von Sri Lanka (SLBC) und der Kompetenzbehörde des Unabhängigen Fernsehens (ITN) - am 24. Juli 1989 ließ einmal mehr die Frage nach Presse- und Meinungsfreiheit in Sri Lanka aufkommen.

Guruge, ein verdienter Rundfunkveteran, der seine berufliche Laufbahn als Sprecher im damaligen Radio Ceylon 1950 begonnen hatte, war am 5.Juli 1989 als Pressezensor eingesetzt worden. Seit Unterzeichnung des Friedensabkommens mit Indien im Juli 1987 hatte sich die Bevölkerung in zwei Lager gespalten, zunächst mit nationalistischer Einfärbung und schließlich auf der Ebene des Für und Wider zum Friedensabkommen.

Die Opposition gegen das Abkommen mit Indien wird von der Patriotischen Volksfront (DJV - Deshapremi Janatha Vyaapaaraya) angeführt, die all ihren Opponenten den Tod geschworen hat. Sie fordert ein Boykott aller Zeitungen, die von der staatseigenen Zeitungsgruppe Lake House publiziert werden, sowie der von der kommunistischen Partei von Sri Lanka herausgegebenen Tageszeitung Aththa. Lieferwagen, die zur Auslieferung dieser Zeitungen unterwegs waren, wurden angegriffen, Zeitungsgroßhändlern und Verkäufern wurden ihre Geschäfte und Kioske niedergebrannt; mehrere LKW-Fahrer und Verkäufer kamen bei solchen Attacken ums Leben.

Allein in Colombo wurden im Juli 1988 zwei solcher Überfälle - einer in Bambalapitiya, ein anderer in Borella registriert; beide Zeitungsverkäufer hatten sich geweigert, an dem Boykott teilzunehmen. Ein Lieferwagen brannte aus.

Mehrere Journalisten sind ermordet worden. Am 8.Oktober 1988 wurde Edwin Rajapakse, Reporter für Davasa und Lankadeepa, in Matara getötet. Der Journalist Nelson Karunaratna wurde am 23.November 1988 getötet; am 3.Dezember wurde H.E.Dayananda, freier Journalist und früherer Chef der Zeitschrift Yugava, in Colombo erschossen. Am 27.Mai 1989 wurde der Drucker P.D. Wimalasena an der von ihm in Colombo betriebenen Druckerpresse niedergeschossen. Die singhalesische Tageszeitung Divayina berichtete am 11.August 1989, daß ihr Korrespondent in Vavuniya, Jinasena Rathugamage, von Männern in militärischer Kleidung entführt worden sei.

Die Situation im Norden und Osten des Landes ist ebenfalls schlecht. Am 12.Mai 1989 entkam der Chefredakteur der in Jaffna erscheinenden Tageszeitung Murasoli einem Mordanschlag; jedoch wurde an seiner Stelle sein 17jähriger Sohn getötet.

Am 31.Juli 1989 wurde Premakeerthi de Alwis, einer der beliebtesten Radiojournalisten des Landes und Moderator einer vielgesehenen Samstagmorgen-Fernseh-Talkshow, in seiner Wohnung in Colombo erschossen.

Sehr viele Journalisten und Rundfunkangestellte erhalten Morddrohungen, und der Staat ist nicht in der Lage, ihnen Schutz zu gewähren. Die Massenmedien in Sri Lanka leben im Zustand der Belagerung. Der Staat besitzt das Monopol für Rundfunk- und Fernsehsender und betreibt eines der größten Verlagshäuser des Landes, Lake House. Es gibt keinen ungehinderten Fluß von Informationen. Der tamilische Kabinettminister S.Thondaman warnte in einem Brief vom 21.Juli 1989 den Präsidenten, daß dieses Monopol dem nationalen Interesse extrem zuwiderlaufen könne.

Die am 6.Juli 1989 eingeführte Nachrichtenzensur tat das Ihre dazu, den Informationsfluß zu behindern. Die Aufhebung der Zensur am 24.Juli unmittelbar nach dem Mord an Guruge ließ viele Beobachter die Frage stellen, ob Mord inzwischen der einfachste und schnellste Weg in Sri Lanka ist, seine Ziele durchzusetzen.

Am 26.Juli 1989 wurde bekanntgegeben, daß die Sicherheitskräfte mit der Kontrolle des Rundfunks, Fernsehens und von Lake House betraut worden sind. Jetzt sitzen unerfahrene Leute in den Nachrichtenredaktionen, während qualifizierte Journalisten sich im Hintergrund zu halten haben und durch Einschüchterung zum Schweigen gebracht werden.

Die Beschäftigten der Medien leben in Sri Lanka unter dem Terror. Die Ermordung von Guruge und Premakeerthi de Alwis innerhalb einer Woche haben eine Welle der Angst in der staatlichen Rundfunkgesellschaft und Rupavihini Corporation ausgelöst.

Angesichts der Gewehre ist das Volk von Sri Lanka ohne Schutz und unfähig zum Widerstand.

Vishwapriya Sahabandu, Colombo

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