: Klein allein auf der Brücke
■ KiTa-Streik: Jugendsenatorin Klein und Gewerkschaften sehen einen Kompromiß auf tarifvertraglicher Ebene / Für den Innensenat „keine große Möglichkeit“
„Die Frau Klein ist optimistisch“ - so verhalten konterte gestern ÖTV-Sprecher Ruhnke auf die Frage, ob er selbst nun optimistischer auf ein baldiges Ende des wochenlangen KiTa -Streits blicke. Grund dafür gebe es jetzt: Seit Dienstag abend sehen Jugendsenatorin und Gewerkschafter eine Art Berliner Zusatztarifvertrag als Ausweg für beide Seiten an.
Doch der Senat muß nun bei einem solchen Konstrukt erst einmal mitspielen. Daran mochte Ruhnke gestern nicht so recht glauben: „Die Vorbereitungen für den Arbeitskampf laufen auf Hochtouren“, pokerte der Gewerkschafter erst einmal weiter. Gestritten wird weiterhin in erster Linie um das Wort „Tarifvertrag“ - und erst in zweiter Linie um die inhaltlichen Forderungen der ErzieherInnen. Ohne Tarifvertrag wollen die Gewerkschaften keine Verbesserungen der ErzieherInnen-Arbeitsbedingungen akzeptieren. Dem hält der Senat weiter entgegen, daß der Staat als Arbeitgeber Traifverträge bundesweit abschließe. Ein Berliner Alleingang käme nicht in Betracht. Anne Kleins Vorstoß ist kein Alleingang - zielt aber auf tarifvertraglicher Ebene eine Berliner Zusatzvereinbarung ab.
Doch selbst wenn es dazu käme, bleibt der eher aus der Frauenpolitik kommenden Senatorin Anne Klein das leidige Problem KiTas erhalten. Ihr Anfang der Woche vorgelegtes Bonbon von 2.000 neuen KiTa-Plätzen in neuartigen kleinen Kiez-KiTas wird eine Seifenblase bleiben. Finanzsenator Norbert Meisner will ihr nämlich nur zehn Extramillionen zugestehen - gerade ein Zehntel des erforderlichen Geldes.
Zwar signalisierten nun beim abendlichen Gespräch mit Klein auch die Vertreter von GEW und ÖTV ihre Bereitschaft zum Zusatz-Tarifvertrag. Ruhnke nannte diese Möglichkeit eine „Brücke“, die die Gewerkschaft beschreiten könne. Vom erneuten Streik wolle man aber noch nicht ablassen.
Die AL-Jugendsenatorin, die im Konflikt seit Wochen zwischen Senat, AL-Basis, ÖTV, GEW, ErzieherInnen und aufgebrachter Elternschaft verzweifelt hin- und herwirbelt, steht weiter zwischen allen Fronten. Heute nachmittag will sie versuchen, Innensenator Pätzold und Finanzsenator Meisner auf die noch schwache „Brücke“ zu locken. Zeitgleich laufen aber bereits Gespräche zwischen der Innenverwaltung und der ÖTV über einen Notplan für 40.000 streikbetroffene Kinder. Denn niemand rechnet so richtig mit einer Kompromißlösung. Innensenatssprecher Haake sah in Kleins Vorstoß gestern auf Anfrage „keine sehr große Möglichkeit“. Die Position Pätzolds bleibe eine Lösung „unterhalb des Tarifvertrags“.
tom
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