Widerspenstige ungezähmt

Bewag-Klage: SPD-Schmusekurs ist gescheitert  ■ K O M M E N T A R

Ist sie nicht einfach undankbar? Jetzt droht die Bewag dem Senat mit einer Klage - nach allem, was der für die Aktiengesellschaft getan hat. Gegen den erbitterten Widerstand der AL wurde der Anschluß an den Stromverbund freigegeben. Sogar den Bau einer völlig überdimensionierten 380-Kilovolt-Leitung hat SPD-Bürgermeister Momper der AL abgetrotzt - und der Bewag damit die Option für den Bezug riesiger Billigstrommengen eingeräumt. Trotzdem bleibt sie renitent.

Natürlich steht die widerspenstige Elektrizitätserzeugerin jetzt schlecht da - moralisch betrachtet. Denn daß sie nun teure Kabel verlegen muß anstatt billige Masten aufzustellen, daß kann sie diesem Senat nicht verübeln. Die Masten wären ohnehin vor Gericht gekippt worden, dann, wenn die betroffenen Anwohner Klage eingereicht hätten.

Empörung über die Bewag ist trotzdem fehl am Platze. Sie kommt nämlich zu spät. Seit seiner Amtsübernahme konnte sich der Senat hinlänglich von der Halsstarrigkeit der Bewag überzeugen. Dem Senat - der ganz nebenbei ihr Mehrheitsaktionär ist - verweigerte die Bewag nicht nur die Einsicht in die Verträge zum Stromverbund, sie blockierte auch Energiesparprogramme. Schon im Sommer reichte sie eine Klage ein - damals mit dem Ziel, den Bau senatseigener Blockheizkraftwerken zu bremsen.

Die Bewag vermied keinen Streit, die SPD-Mehrheit im Senat dagegen blieb auf Schmusekurs. Vielleicht hätte man den Stromlieferungsvertrag kündigen können - die SPD-Riege im Senat hätte es trotzdem gar nicht erst versucht. Sie fürchtete, wie kürzlich bekannt wurde, eine Klage der Bewag. Jetzt kommt die Klage trotzdem - Ätsch. Schlag nach bei Shakespeare, liebe SPD: Mit Schmeichelei ist der Widerspenstigen Zähmung genau nicht geglückt.

Hans-Martin Tillack