Blockparteiler stach Wallmann aus

Der Landesparteitag der hessischen CDU im deutsch-deutschen Jubel / Walter Wallmann bleibt Landesparteivorsitzender  ■  Aus Friedberg Thomas Eggeling

Den hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann drängte es zum CDU-Parteitag in Friedberg am Samstag nach Entspannung. Vorher hatte er noch schnell die CDU-Ost als Bündnispartner der CDU-West favorisiert. Mit Rücksicht auf die in dieser Frage geteilte Bundespartei bot er allerdings auch „allen demokratischen Kräften in der DDR“ Hilfe an. Dann orderte Wallmann kurz nach 15 Uhr im Restaurant der Stadthalle Eintopf und eine Käse-Wurst-Platte. Martin Kirchner, fesch rotbebrillter Generalsekretär der „Reform -CDU der DDR“ (Gästeliste-Formulierung), der kurz zuvor von den 446 Delegierten noch enthusiastischer als Wallmann selbst bejubelt wurde, griff an des Ministerspräsidenten linker Seite kräftig zu. Dieser rauchte lieber ein Stäbchen seiner Lord-Extra-Tagesration (80 Stück) und trank Kaffee mit Milch ohne Zucker.

Dabei hatte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende gar keinen Grund zur Nervosität. In den Hinterzimmern der Stadthalle berieten justament die Chefs der hessischen CDU -Kreisverbände darüber, welcher von ihnen denn dem „Demokratischen Aufbruch“ in Thüringen und welcher den christlichen Parteifreunden beim Zugang „in die freie Welt“ (Kirchner) und zu „unserem ganzen Vaterland“ (Wallmann) mit Kapital hilfreich zur Seite stehen müßte. Überhaupt war für Wallmann alles glatt gegangen. Mit satten 93 Prozent der Stimmen erneut zum Landesvorsitzenden gewählt, konnte er die 30 Nein-Stimmen - doppelt so viele wie beim letzten Parteitag - leicht wegstecken. Einerseits hatte ihm Ost -General Kirchner die Schau gestohlen, ihn andererseits aber davor bewahrt, auf die Skandale um Gartenpflege, Haushaltshilfe und Beker-Affäre näher eingehen zu müssen.

Wallmanns Attacken gegen die sozialdemokratische Opposition fielen für diesmal eher schlapp aus. Der Sozialismus sei, sagte er, „in allen Spielarten kläglich gescheitert“. Es sei daher „verständlich“, wenn SPD und Grüne „sprachlos“ geworden seien. Und: „Schmutzkampagnen sind ihr letztes Hilfsmittel.“ Unter brausendem Beifall fügte er hinzu: „Politischer Wettstreit darf nicht zum Kampf mit brutalen Mitteln, nicht zur Feindschaft verkommen.“ Dann schleuderte er den Delegierten noch in den Saal, als ging es um einen Heimsieg: „Der Linken muß am 6.Mai eine Niederlage bereitet werden, von der sie sich in alle Zukunft nie wieder erholt!“ „Geradezu grostesk“ sei es, wenn die SPD die CDU angreife, weil sie mit einer Blockpartei aus der DDR zusammenarbeite, und dies angesichts der Gefahr, daß die Ost-SPD von der SED unterwandert werde. Allerdings vermochte der Ministerpräsident auch nicht „darüber hinwegzusehen“, daß auch die CDU der SED als Blockpartei verpflichtet war. Hier sah er die Thüringer CDU mit ihrem Generalsekretär Kirchner als Garanten der Umkehr. Sie stünde für eine „grundlegende Erneuerung“. Damit besteht für Wallmann „kein Unterschied zur CDU in der Bundesrepublik“ mehr. Sowieso steht für ihn fest, daß die „Menschen drüben in ihrer überwältigenden Mehrheit gerne Helmut Kohl wählen“. Martin Kirchner hatte auch gleich einen parlamentarischen Rat zur Vorbereitung eines gesamtdeutschen Bundesstaates und einen gemeinsamen Reisepaß vorgeschlagen: „Ein vorweggenommenes Symbol deutscher Einheit!“

Horst Schulz, thüringischer Chef des „Demokratischen Aufbruchs“, appellierte für eine „starke Allianz der Mitte“. Er schlug eine neue DDR-Partei vor: die „Demokratische Union“ (DU) aus CDU, Demokratischem Aufbruch und Deutscher Sozialer Union, die von der CSU favorisiert wird. Noch aber schwelgt die CDU in Hessen im Rausch der allerjüngsten deutschen Vergangenheit. Am Devotionalienstand waren Schlüsselanhänger mit dem Brandenburger Tor der Renner (Stück eine Mark).