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Therapie für Gefangene-Betr.: "Chancen für Therapie gering", taz vom 20.1.90

Betr.: „Chancen für Therapie gering“, taz vom 20.1.90

In Ergänzung zu Ihrem Artikel über die Sozialtherapie in der JVA Tegel möchten wir darauf hinweisen, daß in der JVA Tegel im Juni 1986 eine „Psychotherapeutische Beratungs- und Behandlungsstelle“ eingerichtet wurde. Jeder Gefangene der JVA Tegel kann sich zum Zwecke der Beratung und Behandlung an diese Stelle wenden, ohne Nachteile für seine Vollzugssituation befürchten zu müssen. Die Mitarbeiter sind an die Schweigepflicht gebunden und übernehmen nur therapeutische Aufgaben und keine vollzugstechnischen wie zum Beispiel Erstattung von Berichten und Gutachten für die Behörden.

In dieser Einrichtung können sich Gefangene über ihre Probleme in Freiheit und in der Haft aussprechen. Wenn dabei neurotische Störungen sichtbar werden, die kausale Zusammenhänge zu kriminellem Verhalten erkennen lassen, dann werden therapeutische Maßnahmen (tiefenpsychologisch fundierte Therapie, Gesprächstherapie nach Rogers und Verhaltenstherapie) in die Wege geleitet oder es wird der Versuch einer Vermittlung in eine auswärtige therapeutische Institution beziehungsweise Praxis unternommen.

Die bescheidene Ausstattung dieser Einrichtung - halbtags zwei Diplom-Psychologen mit therapeutischer Zusatzausbildung (demnächst drei) und der für jeden Gefangenen erforderliche Zeitaufwand (zwischen einer und hundert Stunden) - erlauben freilich nur die Betreuung einer geringen Anzahl von Gefangenen. Im Jahre 1989 waren es 90 Gefangene.

Es ist zu hoffen, daß in Anbetracht der bisherigen ermutigenden Ergebnisse dieses Angebot einer „freien Therapie“ in Haft erweitert werden kann.

Dr.med.L.Missoni, Medizinaldirektor, Dirk Meine, Dipl.Psychologe, JVA Tegel

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