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Sehr geehrter Herr Momper

Betr.: Protest gegen die Verhinderung der Flucht eines Vietnamesen am Brandenburger Tor am 27.1.1990  ■ D O K U M E N T A T I O N

Wie oben genannt wurde ich Augenzeugin von einigen gelungenen Fluchten über die Mauer am Brandenburger Tor von (vermutl.) VietnamesInnen und vor allem der mißlungenen Flucht eines jungen Vietnamesen:

Drei Grepos auf der Mauer verdrehten dem kleinen und zierlichen jungen Mann brutal beide Arme auf dem Rücken, zerrten ihn mit Gewalt nieder, und als der dritte fort lief, um wohl weitere Hilfe zu holen, kniete der zweite quasi auf dem Unglücklichen. Es war eine Schauerszene wie wir sie aus den „besten“ Stasi-Zeiten von vor noch nicht langer Zeit kennen. Da wird gefeiert und von Freiheit, Freizügigkeit und dergleichen geredet, die Zeiten der unter Lebensgefahr versuchten Fluchten in Mittel- und Osteuropa schienen vorbei - und da wird vor den Augen aller Umstehenden direkt am Brandenburger Tor (einer sog. symbolträchtigen Stätte deutscher Geschichte) ein junger Mann gewaltsam an seiner verzweifelten Flucht in den „freien Westen“ gehindert. (...)

Herr Momper, ich bitte Sie nachdrücklich, bei den zuständigen Stellen in der DDR zu intervenieren, Name und Verbleib des Vietnamesen zu erfahren, seine Auslieferung nach Vietnam zu verhindern und die Ausreise nach Berlin (West) zu verlangen. In Vietnam würden er und seine Familie („Sippenhaft“) brutal bestraft werden. Der Fluchtversuch allein schon aus der DDR rechtfertigt den Status eines „politischen Flüchtlings“. „Sklavenarbeiter“ in der DDR erhalten keine Papiere, mit denen sie das Land verlassen könnten. Auch die Namen der beteiligten Grepos sollten feststellbar sein und ihre Bestrafung sollte verlangt werden! Teilen Sie mir bitte mit, was Sie erreichen konnten. (...) Berlin, 281.90, Mit freundlichem Gruß, Marion Stiller

Anm.: Die taz berichtete am 31.1. über den Vorfall.

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