Schon wieder „Mama hilf“

■ Zur „Elternintiative“ Frühstück in der Schule

Das Thema gibt es seit einem Müsli-Erlaß. Cola-Automaten und Schokoriegel sind aus den Schulen verbannt. Alternativen werden gesucht. In verschiedenen Schulen bieten Eltern (d.h. Mütter) ein gesundes Pausenfrühstück an. Ein Lob also auch der Elterninitiative im Julius-Brecht-Zentrum! (taz 31.1.90)

Auch mir, in meiner Eigenschaft als Mutter eines Kippenberg -Schülers (OS), flatterte ein Brief aus dem Schulranzen meines Sohnes auf den Küchentisch. Kiosk und Cafeteria (nur für die Oberstufe) mit einem vernünftigen Nahrungsangebot sind nur durchzuführen, wenn sich Mütter (Väter) zur Durchführung des Unternehmens bereiterklären, steht da.

Warum mal wieder die Mütter? Tu ich die letzten Jahre nicht schon genug an unbezahlter Dienstleistung - und Reproduktionsarbeit? Nein danke. Auch wenn ich die Initiative begrüße und ordentlich loben will, die Mütter, die Engagement zeigen - aber nicht schon wieder „Mama hilf“! Zweitens: warum, bitteschön, können 10-20jährige Menschen nicht selbst ihr Frühstück organisieren? Ja, sagt der Brief aus dem Kippenberg-Gymnasium, das geht nicht, dann können die SchülerInnen ja nicht am Unterricht teilnehmen.

Mein Einwand, ganz grundsätzlich: Warum ist Organisation, Planung, Durchführung eines solchen Frühstücksprojektes nicht schon längst Lernziel in unseren Schulen? Klar, spannend und aufregend ist Abwaschen und Butter auf Brötchen verteilen nicht, aber getan werden muß es, in der Regel von Müttern, unbezahlt. Ist es soviel spannender Tag für Tag, in der Schulbank zu sitzen und frontal eine/n Lehrer/in über Logarithmen, Akkusativ, Französische Revolution oder deutsches Liedgut referiert?

Warum greift die Bildungsbürokratie auf Altes zurück: unbezahlte Arbeit von Müttern für ihr Liebstes, und die Schule bleibt, was sie ist, eine Lernfabrik. Aufregend und neu wäre es, Eigeninitiative und bestehende Strukturen miteinander zu verbinden.

Brunhilde Wilhelm, Schülermutter

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