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„Peinlicher Streik“

Britische Gewerkschaften lehnen Angebot zur Arbeitszeitverkürzung ab / Airbus-Kurzarbeit?  ■ Mit der 37-STUNDEN-WOCHE auf du und du

London (taz) - Die Auseinandersetzung um die 35-Stunden -Woche in der britischen Metallindustrie geht in eine neue Runde. Die Metallgewerkschaften bereiten jetzt Urabstimmungen in Betrieben der Konzerne Lucas, Weir Group und Catton& Co. vor. In dem seit Oktober letzten Jahres andauernden Tarifkampf sind die Gewerkschaften bisher als Punktsieger hervorgegangen. Inzwischen ist die Anzahl der Betriebe, in denen die britischen Metallgewerkschaften für die ArbeiterInnen eine Reduzierung der Arbeitszeit von 39 auf 37 Stunden erreicht haben, auf 29 gestiegen. Bei NEI -Parsons in Newcastle ist erstmals auch eine Arbeitszeitverkürzung für Angestellte erzielt worden.

Ebenfalls gab der Konzern British Aerospace (BAe) nach elf Streikwochen seine Weigerung auf, mit den britischen Metallgewerkschaften über Arbeitszeitverkürzung zu verhandeln, bevor der inzwischen drei Monate andauernde Ausstand der 7.000 Beschäftigten nicht abgeblasen sei. Inzwischen ist für eines der drei BAe-Werke ein Verhandlungsentwurf ausgearbeitet worden, über den die Streikversammlung am nächsten Montag abstimmen wird.

Die örtlichen wie die nationalen Gewerkschaften fordern jedoch zur Ablehnung dieses Angebots auf. Es sieht zwar für die ArbeiterInnen die Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde sofort und eine weitere im nächsten Jahr vor. Allerdings solle dann „jedes System einer Vier-Tage-Schicht oder von Nachtschichten“, das die Firma einseitig diktiert, gearbeitet werden. Dies würde eine Verlängerung des Arbeitstages und mehr Wochenendarbeit bedeuten. Eine Reduzierung für Angestellte, die ebenfalls 39 Stunden arbeiten, lehnt BAe generell ab.

Der Flugzeugkonzern hat sich erst unter dem zunehmenden Druck der militärischen und zivilen Abnehmer der Aerospace -Flugzeuge, zu denen unter anderem das Airbus-Konsortium gehört, zu den Verhandlungen mit den Gewerkschaften bereitgefunden. Am Dienstag erklärte ein Sprecher von Airbus Industries in Toulouse, wo die Endmontage fast zum Stillstand gekommen ist: „Der Streik ist sehr peinlich, weil wir gerade der Welt zu zeigen versuchen, daß wir in der Lage sind, eine große Anzahl von Flugzeugen rechtzeitig zu liefern.“

Letzte Woche hatte der französische Transportminister Michel Delebarre bekanntgegeben, daß der Streik Airbus schon über 180 Millionen Dollar gekostet habe. Die Deutsche Airbus, die in Bremen und Hamburg Teile für den Airbus herstellt, befürchtet, daß etwa 12.000 Beschäftigte in Norddeutschland kurzarbeiten müssen, falls der Streik in England nicht bis Mitte Februar beendet ist.

Das Eingehen von BAe auf Verhandlungen ist jedoch vor allem darauf zurückzuführen, daß sämtliche Versuche, die Streikfront zu durchlöchern, fehlgeschlagen sind. Die Gewerkschaften hoffen, daß der ökonomische Druck den Konzern jetzt dazu zwingen wird, mit seinen Angeboten „realistischer“ zu sein.

Zudem sind sie optimistisch, daß es ihnen gelingen wird, eine Reduzierung der Arbeitszeit nach und nach in allen Betrieben einzeln durchzusetzen. Sie sind zu dieser Salami -Taktik gezwungen, weil der Metallunternehmer-Verband sich weigert, ein nationales Tarifabkommen abzuschließen. Der gewerkschaftliche Optimismus wird auch von der 'Financial Times‘ geteilt: „Die Gewerkschaften haben bisher weit mehr erreicht, als zu erwarten war. Eine 37-Stunden-Woche in der gesamten Metallindustrie ist nun unausweichlich.“ Den Grund dafür sah das Blatt in dem FacharbeiterInnenmangel, der es für Unternehmen ohne 37-Stunden-Vereinbarung schwer machen würde, dringend benötigtes Personal anzuwerben.

Jerry Sommer

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