Schwule Identität-betr.: "Ecce Homo", taz vom 12.2.90

Betr.: „Ecce Homo“ (Berlinale), taz vom 12.2. 90

Ich habe mit Erstaunen den Artikel von Elmar Kraushaar gelesen. Das Geständnis von Matthias: „Ich bin heterosexuell“, hat mich sehr überrascht. Ist dies wirklich die Begründung für seinen Selbstmordversuch? Es wäre sicher ein ungewöhnlicher Grund. Allerdings sagt Matthias an dieser Stelle ja auch, daß er homosexuell ist. Hier wäre wohl ein genaueres Arbeiten angebracht.

Ist dies vermutlich bloß ein Flüchtigkeitsfehler, so fand ich es ärgerlich, daß Elmar Kraushaar anscheinend schlecht recherchiert hat. Will er doch den Eindruck vermitteln, daß er die Schwulenszene in der DDR gut kennt. Nach meinen Informationen (siehe G.Amendt, HrGB. Natürlich anders, Seite 11) wurde der § 151 StGB der DDR 1988 ersatzlos gestrichen. Dadurch unterliegt Homosexualität keiner gesonderten Behandlung durch das Strafrecht der DDR. Dies verschweigt Elmar Kraushaar. Das, was alle Schwulen in der BRD fordern, nämlich die Streichung des § 175, ist in der DDR verwirklicht.

Ich weiß auch nicht, ob ein schwules Paar in der BRD einen Wohnberechtigungsschein bekommt. Anscheinend geht dies ja in der DDR.

(...) Im übrigen kann ich seine Meinung zum Film Coming out auch nicht teilen. Ich fand ihn sehr einfühlsam. Viele Aspekte während des Coming-outs werden angesprochen, und der Film ermutigt zu einer schwulen Identität.

Mathias Korzyzkowske, Berli