Sakuth bürgernah - Modernes bald dicht

■ Senator will Anwohner vor Kultur lärmschützen / Nacht-Konzession für Modernes wird entzogen / Neuer Standort gesucht

Es hat alles nichts genützt. Das Modernes wird geschlossen. Nach monatelangem Hickhack verkündete Bremens Innensenator Peter Sakuth am Montag abend auf einer öffentlichen Beiratssitzung das faktische Aus für das Kulturzentrum am Neustadtswall. Noch in diesem Monat soll den Modernes-Betreibern, Heiner Hellmann und Edo Woltersdorf, eine Verfügung des Stadt-und Polizeiamts zugehen, nach der das Modernes in Zukunft auch an Wochenenden um 24 Uhr schließen muß. Auf Nachfrage

kündigte man im Stadt- und Polizeiamt gestern bereits die „sofortige Vollziehbarkeit“ der Sperrstunden-Verfügung an. Im Klartext: Schon am kommenden Wochenende werden vermutlich die letzten „langen Tanznächte“ im Modernes stattfinden.

Ohne den verzehr-trächtigen Disko-Betrieb für Teenies aus aller Umland-Welt ist das Modernes jedoch nicht zu halten: Rund 70 Prozent des Gesamtumsatzes werden in den beiden Tanznächten gemacht, beteuern die beiden Betreiber. Kino-, Kabarett- und

Konzertprogramm von Montag bis Donnerstag sind allenfalls kostendeckend.

Von den Tanznächten lebt allerdings nicht nur das Modernes, es leiden darunter auch die Anwohner. Nächtliche Lärmpegel bis zu 70 Dezibel haben Krach-Meßtrupps der Polizei in den Anliegerwohnungen gemessen. 45 Dezibel halten die einschlägigen Lärmschutzbestimmungen zu nachtschlafender Zeit noch gerade für tolerierbar.

Ortsamtsleiter Klaus Rose brock konnte am Montag die

Wortmeldungen kaum so schnell notieren, wie die Arme hochgingen: Hörgeräte-Träger meldeten sich zu Wort, um von ihrer wenig wundersamen Heilung zu berichten: „Eigentlich höre ich fast gar nichts, aber wenn die Disko-Bässe dröhnen, sitz ich aufrecht im Bett.“ Mit einer Schadenersatz-Klage drohte dem „untätigen“ Senator Sakuth ein anderer und unterstrich diese Absicht durch lärmschutzgrenzen -überschreitende Lautstärke: „Meine Frau ist fast taub, aber freitags und samstags fällt sie aus dem Bett. Ich mache Sie persönlich haftbar.“

Nach vier oder fünf Redebeiträgen war Innensenator Sakuth offensichtlich die Lust vergangen, sich dem Volkszorn bis zum Ende der RednerInnenliste auszusetzen. Nur ein einziger Anwohner hatte unter Hohngelächter und Buh-Rufen gewagt, anderer Meinung zu sein. Sein Plädoyer: „Man kann in einer Großstadt

nicht um 23 Uhr das Licht ausknipsen, die Fußwege hochklappen und alle Veranstaltungen vom Sechs-Tage-Rennen bis zum Pop-Konzert nach Posthausen oder Syke verlegen.“

An der Position des Senators änderte das allerdings auch nichts mehr. Sein Kompromißvorschlag zwischen „den offensichtlichen Bedarfen“ an einem Kulturzentrum und der Gesundheit der Anwohner: Kurzfristig soll das Modernes früher, mittelfristig ganz am Neustadtwall dicht machen. Bei der Suche nach einem neuen, anliegerlosen Domizil für das Modernes will Sakuth den Betreibern behilflich sein. Die vernahmens unter unübersehbarer Weißfärbung der Gesichter: Noch vor wenigen Tagen hatte ihnen das Stadt- und Polizeiamt versichert, daß nach ihren bisherigen Bemühungen um lärmmindernde Maßnahmen „kein Handlungsbedarf“ mehr bestehe.

Klaus Sschlösser