Die Berliner klauten und klauten...

■ Innensenator legt neueste Kriminalitätsstatistik vor: „Delikt des Jahres 1989“ ist der Ladendiebstahl

Im Jahr der Maueröffnung hat die Zahl der in West-Berlin verübten Straftaten ein Rekordergebnis erreicht. Mit 294.143 Delikten registrierte die Polizei 1989 im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs von 7,7 Prozent und einen Gesamtschaden von 412 Millionen Mark. „Delikt des Jahres“ in der Kriminalitätsstatistik, die Innensenator Pätzold gestern dem Innenausschuß vorlegte, ist der Ladendiebstahl mit insgesamt knapp 36.000 Fällen. Gegenüber 1988 stieg die Zahl der Ladendiebstähle um 48,7 Prozent.

Auch Wohnungseinbrüche und Taschendiebstähle sowie Verstöße gegen das Ausländer- und Asylverfahrensgesetz schlugen kräftig zu Buche. Die Zahl der Wohnungseinbrüche stieg um 806 auf 8.401 Fälle. Beim Taschendiebstahl verzeichnet die Statistik mit 6.658 Fällen - dies bedeutet ein Mehr an 793 Fällen - einen neuen Höchststand.

Die Zahl dieser Delikte weitete sich nach Öffnung der Mauer November explosionsartig aus. Im ersten Halbjahr 1989 sei in der Kriminalitätsentwicklung in West-Berlin noch ein rückläufiger Trend zu beobachten gewesen, wie es heißt.

Der Innensenator sagte vor dem Innenausschuß, es sei nicht zu bezweifeln, daß die Besucherströme insbesondere aus Polen und der DDR Einfluß auf das Kriminalitätsgeschehen in der Stadt gehabt hätten. Rund drei Viertel der zwischen dem 21. November und 31. Dezember ertappten über 10.000 Ladendiebe stammten aus der DDR und Polen. Ähnlich sieht es nach Justizangaben bei den in diesem Jahr bislang rund 16.000 Kriminellen aus.

Die Polizei erreichte 1989 laut Statistik mit 48,6 Prozent die höchste Aufklärungsquote seit zehn Jahren. Extrem hoch fällt sie bei Mord und Totschlag mit 94,9 beziehungsweise 97,6 Prozent aus. Extrem niedrig ist sie bei Wohnungseinbrüchen (19 Prozent) und Diebstählen aus Autos (10,9 Prozent). In der Rangfolge bundesdeutscher Großstädte in Sachen Kriminalitätsentwicklung nahm West-Berlin 1989 den fünften Platz ein. „Kriminalitätshauptstadt“ bleibt Frankfurt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte sich besorgt über die Steigerungsraten „auf beinahe allen Kriminalitätsfeldern“ und forderte eine Zurücknahme der Personaleinsparungen im Polizeihaushalt 1990/91. Mehr Personal forderte in einer Stellungnahme auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und verwies auf in diesem Jahr weiter steigende Deliktzahlen. So sei in den beiden ersten Monaten 1990 bei Einbrüchen in Wohnungen und Einfamilienhäusern ein 60prozentiger Zuwachs festzustellen, hieß es. Beim Straßenraub liege die Zunahme bei 90 Prozent.

dpa