: Hilflos vor dem Supermarkt?
■ Geplantes Einkaufszentrum bei Schönefeld ist kein Einzelfall / CDU-Stadtrat Branoner warnt: „Regionalausschuß ist hilflos“ / Senat: Kritik ist „lächerlich“
Das von einer Kölner Immobilienfirma geplante Einkaufszentrum in Waltersdorf bei Schönefeld ist nicht das einzige Projekt dieser Art im Umland. Ähnliche Einkaufszentren seien auch in den Ostberliner Vororten Schöneiche und Schönerlinde geplant, berichtete der Neuköllner Baustadtrat Wolfgang Branoner (CDU) gestern in einem Gespräch mit der taz. Das Projekt in Schönerlinde, unmittelbar nördlich von Ost-Berlin, übersteige mit einer Fläche von 64 Hektar sogar noch die Dimension des Waltersdorfer Zentrums, das nur auf 40 Hektar angelegt ist.
Der CDU-Politiker verfolgt diese Entwicklung „mit großer Sorge“: Einkaufs- und Freizeitzentren auf der grünen Wiese, die die Westberliner Behörden innerhalb der Stadtgrenzen seit Jahren zu verhindern trachten, könnten sich im Umland nämlich doppelt schädlich auswirken. Von „Verödung“ seien nicht nur die innerstädtischen Einkaufsgebiete West-Berlins bedroht, sondern auch die Klein- und Mittelstädte in der Umgebung. Mittelständische Unternehmer, die in der DDR jetzt in die Selbständigkeit starten wollten, hätten gegen die von westdeutschen Investoren finanzierten Zentren von Anfang an gar „keine Chance“.
Das Problem: Den betroffenen Gemeinden, die auf Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten hoffen, erscheint eine derartige Ansiedlung als Fortschritt. Branoner drängt deshalb darauf, den Kommunen die „Nachteile aufzuzeigen“. Der vom Senat, dem Ostberliner Magistrat und den Bezirksbehörden von Potsdam und Frankfurt beschickte Regionalausschuß sei viel zu „schwerfällig“ und könne überdies nur „Empfehlungen“ ausgeben, kritisiert der Bezirksstadtrat. Schon vor den DDR-Kommunalwahlen am 6.Mai würden von Investoren Fakten geschaffen, warnt Branoner. Seine Forderung: In die Arbeitsgruppen des Ausschusses müßten auch Vertreter der Bezirke und freie Planer aufgenommen werden.
Branoners Kritik sei „lächerlich“, konterte gestern Staatssekretär Groth von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Investitionen, die 500.000 Mark übersteigen würden, könnten die Gemeinden zur Zeit noch gar nicht selbständig genehmigen, ohne die Bezirksbehörden einzubeziehen. Bauprojekte, die Grundstückseigentümer in der DDR jetzt schon mit westlichen Investoren vertraglich vereinbarten, könnten deshalb durchaus verhindert werden. Nur in einer Hinsicht seien solche Verträge „problematisch“, meint Groth: Andere Bauprojekte als die vereinbarten seien auf diesen Flächen nicht mehr möglich.
Im Auftrag des Regionalausschusses sitzt seit letzter Woche in Potsdam ein „Planerkollektiv“ aus zehn DDR-Planern und sechs Westberliner Experten zusammen, um Grundzüge einer Flächennutzungsplanung für die Region Berlin zu entwickeln. Bis Mai soll das Konzept vorliegen. Damit hätten die Gemeinden in der DDR nach den Kommunalwahlen am 6. Mai eine erste Planungsgrundlage für Standortentscheidungen, verspricht Groth. Erste Grundsätze für die Planung hat seine Behörde bereits erarbeitet: Gebaut werden soll nur entlang der von der S-Bahn vorgegebenen Siedlungsachsen und allein dort, wo existierende Siedlungsgebiete „arrondiert“ werden können. Dazwischen soll es „Schutzzonen“ geben; auch Landwirtschaftsflächen sollen tabu bleiben.
hmt
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