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Bleibt das I-Taxi billiger als das B-Taxi?

■ Noch ist das Wildern im fremden Taxirevier verboten / Doch mit der Währungsunion wird Berlin zum Großraum mit 6 Millionen Einwohnern / VEB-Direktor will BVB-Taxi-Großbetrieb mit Sozialleistungen erhalten / West-Innung ist dagegen und fordert Privatisierung und West-Bedingungen

Ein Wartburg mit dem gelben Taxischild ist am Kudamm keine Seltenheit mehr. Und Daimler-Taxen erregen am Prenzlauer Berg kein Aufsehen mehr. Aber Anhalten und Mitfahren gibt es bei den „Fremdtaxis“ bisher nicht. „Das wäre Sabotageverkehr, und der ist verboten“, weiß der Betriebsdirektor Taxi bei der Ostberliner BVB, Wolfram Nitschke.

Zwar sind inzwischen Fahrten über die Grenze Alltag. West -Taxen dürfen den Tarif dafür frei aushandeln, Ost-Taxen lassen einfach das Taxameter weiterlaufen. Doch auf der Rückfahrt müssen die Taxen leer bleiben. „Die Aufnahme von Fahrgästen ist ihnen nicht gestattet“, bestätigt auch der Vorsitzende der Westberliner Taxiinnung, Peter. Aufmerksamste Wächter darüber, daß die Taxen aus der Hauptstadt der DDR sich auch an das Verbot halten, seien die Westberliner Taxifahrer selber. Schließlich schmälerte das Wildern im fremden Taxirevier ihren eigenen Verdienst.

Denn über 5.000 Taxen, meist in Kleinstbetrieben organisiert, drängeln sich bereits jetzt auf dem Westberliner Markt. Im Ostteil der Stadt sorgen bislang dagegen ganze 210 private und 660 volkseigene Taxen für lange Schlangen an den Halteplätzen. Daran wird sich auch nach einer Währungsunion so schnell nichts ändern. Zwar wird die BVB derzeit in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, doch mit Kapital für die Neuanschaffung von Fahrzeugen rechnet Betriebsleiter Nitschke nicht. Er hofft nur darauf, wenigstens für die rund 2.250 Beschäftigten seines Großbetriebs - neben den Taxifahrern gehören auch Fahrlehrer, Autovermieter, Tankwarte und Mechaniker der eigenen Wartungswerkstätten dazu - langfristig sichere Arbeitsplätze zu schaffen.

Doch wie das nach der Währungsunion funktionieren soll, ist den Taxispezialisten beider Stadtteile bislang ziemlich schleierhaft. „Natürlich werden wir unseren Tarif erhöhen müssen, der stammt ja noch aus den 50er Jahren“, meint Betriebsleiter Nitschke. Das Gerücht, es sei gar eine Verdoppelung geplant, möchte er „nicht dementieren“. Andererseits hält Nitschke eine schlagartige Erhöhung auf Westberliner Niveau nicht für möglich. „Allerdings würde dann keiner verstehen, warum er für ein Taxi mit dem 'B‘ auf dem Nummernschild doppelt soviel bezahlen muß wie für ein Taxi mit dem 'I‘.“

Genau deshalb glaubt der Westberliner Innungschef nicht an einen zweigeteilten Taxitarif im vereinten Berlin. „Es wird nur noch eine Sorte Taxis geben, und bis dahin werden die auch keine Salatschüsseln mehr benutzen“, setzt Peter auf die Macht des Markts, „die Jungs da drüben wissen sich schon zu helfen.“ Schon heute ließen sich Ostberliner Taxifahrer den grenzüberschreitenden Dienst am Westkunden in harter Währung bezahlen: „Die sind auch nicht mehr so dumm, daß sie 'nen Westberliner für Ostgeld fahren.“

In dem neuen Berliner „Taxi-Großraum“ mit sechs Millionen Einwohnern sieht der Westberliner Innungschef Peter keinen Platz mehr für ein Großunternehmen mit über 500 Fahrzeugen. Tariflöhne und feste Arbeitszeiten seien bei der Konkurrenz auf dem Markt „einfach nicht drin“. Seinem Ostberliner Kollegen rät er denn auch, die 660 Taxen des VEB schleunigst zu privatisieren.

Doch genau das möchte Nitschke vermeiden. „Natürlich werden wir unser Monopol verlieren“, meint er, „aber Fahrer, die seit 20, 30 Jahren zur BVB gehören, die wollen wir jetzt nicht plötzlich zu privaten Unternehmern stempeln.“ Zur Not müßte das neue Ostberliner Großtaxiunternehmen eben noch ein paar Jahre mit den alten Autos weiterfahren: „Solange der Bedarf groß ist, spielt doch der Fahrzeugtyp keine so große Rolle. Niemand schmeißt schließlich gerne weg, was noch läuft.“

Dirk Asendorpf

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