piwik no script img

Die endgültige Margarinedose, Jesus als Flieger

■ "Wagenfeld"-Ausstellung bei Rumpold/Die beiden Stefanescus in der Galerie Veltz

Die endgültige Margarinedose, Jesus als Flieger

„Wagenfeld„-Ausstellung bei Rumpold / Die beiden Stefanescus in der Galerie Veltz

Was wir (falls „wir“ schon in den 50ern und 60ern lebten) so gut kannten, daß wir uns dessen kaum bewußt waren, was einen erheblichen Teil unserer Alltagswahrnehmung formte, was uns von morgens bis abends begleitete und „diente“, was meist wenige Mark kostete, das steht heute in den Vitrinen der Design-Geschäfte und kostet: Geschirr, Besteck, Eierbecher, Kaffeemaschinen, Lampen und Schreibmaschinen, Form: Wilhelm Wagenfeld. Als „Mustermacher“ war Wagenfeld seit seiner Ausbildung in der Bremer Silberwaren-Fabrik über seine „Bauhaus-Zeit“ (in der Klasse von Moholy-Nagy), seine Tätigkeit an den Lausitzer Glaswerken bis in die 70er äußerst erfolgreich. Eigentlich gab es über viele Jahre in Deutschland kaum einen Haushalt ohne den endgültigen Margarinentopf oder die endgültige feuerfeste Jenaerglas -Form. Bekannt (und heute bei Sammlern beliebt) ist das „Kubus-Geschirr“ (1938), einige rechteckige Glasgefäße, die, zusammengesetzt, einen Quader ergeben. Beliebtestes Material der Wagenfeld-Produkte war das billige Pressglas: Der Gesellschaft nützen wollte er, Billiges und Zeitloses entwerfen.

Zum Geburtstag richtete das Antiquitätengeschäft Rumpold (Fedelhören 72) eine Ausstellung mit eigenen Wagenfeld -Beständen aus. Vom „Kubus“ (2.000 DM) über die 54er Adler -Schreibmaschine bis zum zarten Teeservice ist dort einiges anzusehen und zu erstehen. Und, wie die Besitzerin betont, zu gebrauchen Bu

Domnita Anastasia Nr.7 - ein etwas heruntergekommenes Jugendstilhaus in Bukarest. Bis vor einem halben Jahr war hier noch das Atelier von George Stefanescu, einem der bekanntesten modernen Maler des Landes. Einen Monat vor der blutigen Revolution hat er Bukarest verlassen und ist zu seinem Sohn Radu nach Norddeutschland gezogen. Der ist auch Maler. Beide stellen in der Galerie Veltzke aus. Für George Stefanescu ist es die erste Ausstellung seit zehn Jahren.

Nachdem Ceaucescu in Prag nicht mit einmarschiert war, brach der Prager Frühling in Rumänien aus. Westliche Ausstellungen kamen nach Bukarest: kinetische Kunst, Hndertwasser, Pop-Artist Rauschenberg, an denen sich die einheimischen Maler rieben. George Stefanescu konnte in Europa, Japan und den USA ausstellen. „Seine Farben platzen wie Dynamitpatronen“, schrieb ein rumänischer Kritiker über den Expressionisten. Doch ab Mitte der 70er Jahre schickte Ceaucescu seine Zensoren übers Land, die Kunst kam ins Korsett, Heroisches war gefragt. Stefanescus christliche Motive wie „Jesus am Kreuz“ ließen sich nur noch trickreich durch Umbenennen („Der Flug“) ausstellen. 1980 macht George Stefanescu Schluß mit der Malerei, sein Atelier blieb heimlicher Treffpunkt der Bukarester Künstler. Sein Sohn Radu restauriert heimlich Ikonen, malt selbst auf Holz und hinter Glas (die traditionelle rumänische Malweise, vom Vater gelernt, Radu ist der letzte künstlerische Ikonenmaler Rumäniens).

Seit '85 ist Radu in der BRD, trickreich holte er die Bilder seines Vaters herüber, der größte Teils des OEuvres incl. Radus Ikonensammlung blieb allerdings zurück. - Der Alte malt wieder, nach zehn Jahren Pause. Mit 76 Jahren fängt er noch einmal von vorn an. (Galerie Veltzke, Graf Moltke Str. 37, kleine Ausstellung) Hans Peter Labont

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen