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Gipfelstreit in Bagdad

■ Arabischer Gipfel am Rande der Beschlußunfähigkeit / Kein Brief an Bush und Gorbatschow / UN-Sicherheitsrat verschiebt seine Beratungen / PLO ist trotz allem optimistisch

Bagdad (afp/ap) - Das außerordentliche arabische Gipfeltreffen in Bagdad, das eigentlich am Dienstag mit der Verabschiedung von Resolutionen zu Palästina und der arabischen Sicherheit zu Ende gehen sollte, wurde am Mittwoch unter Anzeichen wachsender Unübersichtlichkeit fortgesetzt.

Bis zum Nachmittag waren die angekündigten Resolutionen noch immer nicht verabschiedet worden. Auch das umstrittene Memorandum an Bush und Gorbatschow, in dem auf achtzehn Seiten die arabische Position zur jüdischen Einwanderung in Israel dargelegt werden sollte, wurde nicht abgeschickt, nachdem bis zum Dienstag abend „um jedes einzelne Wort“ gestritten worden war. Streit gab es danach auch um den ägyptischen Vorschlag, den Nahen Osten zu einer atom- und chemiewaffenfreien Zone zu erklären. Auf irakischen Druck nahm Ägypten seinen Vorstoß wieder zurück.

Nur gerüchtehalber wurde bekannt, was die versammelten Staatsoberhäupter an diesem zusätzlichen Tag diskutierten. Während PLO-Vertreter Jassir Abed-Rabbo gegenüber der Presse behauptete, der Gipfel habe sich auf die harte irakisch -palästinensische Linie geeinigt, konnte anderen Quellen zufolge kein Konsens zwischen dieser Position und dem US -freundlicheren Standpunkt Ägyptens und Saudi-Arabiens gefunden werden. Die irakische Nachrichtenagentur 'ina‘ verbreitete am Mittwoch den Text des irakischen Entwurfs einer Schlußerklärung noch vor seiner Verabschiedung.

In der irakischen Vorlage, die von der PLO unterstützt wird, werden Irak, Jordanien und Libyen als die am meisten von Israel bedrohten Staaten genannt. Außerdem werden die Unterzeichner aufgefordert, binnen zwei Monaten Maßnahmen gegen Staaten vorzubereiten, die sowjetische Juden bei der Ausreise nach Israel unterstützen. Darüberhinaus wird die Verhängung von Sanktionen auch gegen die Vereinigten Staaten verlangt. Besonders dieser Punkt löste heftige Kritik aus. Trotzdem wird allgemein mit der Verabschiedung dieses Entwurfs gerechnet. Wegen der außerplanmäßigen Verlängerung der Debatten beschloß der UN-Sicherheitsrat, seine am Dienstag in New York wiederaufgenommenen Palästina -Beratungen vorerst zu verschieben.

Aufsehen hatten am Dienstag abend noch Erklärungen sowjetischer und palästinensischer Diplomaten zum Iran-Irak -Konflikt erregt. Danach hätten beide Parteien ihre Bereitschaft erklärt, in Moskau über eine formelle Beendigung des Golfkrieges zu verhandeln. PLO-Chef Arafat würde den Angaben zufolge gleich nach dem Gipfeltreffen nach Teheran reisen, um dies vorzubereiten.

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