: „Die Schutzflehenden“
■ Künstler für freie Einreise für sowjetische Juden DOKUMENTATION
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ist dabei, die Einwandererquote für russische Juden, die vor einem neuen, uralten Antisemitismus Schutz suchen, für die nächsten fünf Jahre auf 3.000 (also jährlich 600) zu beschränken. Man sagt sechshundert, weil Null nicht gut klingt. Der neue Staat verweigert in seiner ersten Stunde Lebenshilfe genau denen, die der alte Staat vor fünfzig Jahren mit Lebensvernichtung überfiel.
„Die Schutzflehenden“ heißt das älteste überlieferte Theaterstück Europas, die Emigrantentragödie des Aeschylus. „Welch anderer Ort nähm uns gütiger auf/ Als eure Stadt und als euer Land“, fragt da bittend, hoffend der Chor der Bedrohten. Wir Theaterleute deutscher Sprache haben ein besonderes Recht, eine besondere Pflicht, diese Bitte zu befürworten. Hätte es nämlich früher „Einwandererquoten“ gegen Juden aus Osteuropa gegeben, so wäre das deutsche Theater nicht durch Schauspielerinnen wie Bergner, Mosheim, Giehse, durch Operndirektoren wie Mahler, Walter, Klemperer, durch Regisseure wie Reinhardt, Jessner, Kortner belebt, erneuert worden.
Die Arbeit und die Phantasie solcher Mitbürger brauchen wir gerade heute: Damit sich die Beschränktheiten, Gefährdungen beider deutscher Gesellschaften, in denen wir bisher lebten, auflösen statt addieren. Wir bitten die Regierung Deutschlands, im Namen der Würde und des Gedeihens dieses Landes, Juden aus Mittel- und Osteuropa die Einwanderung freizustellen.
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