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Disco-Busse bis nachts um vier

■ Pilotprojekt: Discos in Bremen und dem Landkreis Osterholz per Bus

Ungewohnt „discomäßig“ begannen die sachlichen Herren von der Verkehrsgemeinschaft Bremen/ Niedersachsen gestern ihre Pressekonferenz. Ihr „Disco-Bus-Beauftragter“ Sven Kreyenhop beschallte die anwesenden JournalistInnen mit stampfendem Disco- Sound, um ihnen einen „Hauch von Disco-Bus-Atmosphäre“ zu vermitteln.

Aktueller Anlaß: Die „Verkehrsgemeinschaft Bremen/Niedersachsen“, in der der Personennahverkehr für Bremen und 50 km Umkreis organisiert ist, startet ab heute, Freitag, „Hot Lines“ mit Disco-Bussen in den Nachtverkehr. Die drei ersten „Hot Lines“ verbinden jeweils an Wochenenden und im Stundentakt zwischen 21.00 Uhr und 4.20 Uhr die Orte Bremen, Osterholz- Scharmbeck, Schwanewede und Hagen. Auf der Strecke liegen die Discotheken „Arena“, „Pam Pam“, „Red Balloon“, „Star Ship“ und „Stagge“.

Zielgruppe dieses neuen Bus- Angebots sind all die Jugendlichen, die bisher darauf angewiesen waren, als MitfahrerInnen in Privat-PKW in die Disco und nach Hause zu kommen. Besonders auf den Heimfahrten von Discos hatten sich schwere Unfälle ereignet. 1989 starben 2.434 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren auf den bundesrepublikanischen Straßen. Zwei Drittel dieser Unfälle hatten sich an Wochenenden in der Zeit von 0.00 bis 4.00 Uhr ereignet. Junge Autofahrer und -besitzer würden aber trotz Disco-Bus weiterhin mit ihrer Schleuder vorfahren: Statussymbol bleibe Statussymbol.

Die drei „Hot Lines“ sind ein Pilotprojekt. Zwei Jahre lang sollen auf den drei Strecken praktische Bus-Erfahrungen gesammelt werden, während parallel dazu SchülerInnen nach ihren Disco-Fahrtwünschen befragt werden. Die Strecke Bremen- Osterholz-Scharmbeck war ausgesucht worden, weil dort der Busunternehmer Heinrich Buschmann bereits seit über zwei Jahren Disco-Busse laufen hat. An ihn waren Eltern herangetreten, die sich nicht nur wegen der PKW-Unfälle gesorgt hatten, sondern auch wegen ihrer Töchter, die nachts als Tramperinnen oder Fußgängerinnen nach Hause unterwegs waren.

Der Busunternehmer hat gute Erfahrungen gemacht. Von anfangs vier Fahrgästen hat sich die Zahl der Disco-Bus-BenutzerInnen auf 30 regelmäßige Fahrgäste gesteigert. Stammgäste würden den Busfahrern sogar Cassetten mit ihrem Lieblings-Sound überreichen. Denn ein richtiger Disco-Bus zeichnet sich nicht nur dadurch aus, daß er außen poppig bemalt ist, sondern auch durch leistungsfähige Boxen. Die drei neuen „Hot Lines“ sind, so Strenge stolz, „einmalig in Deutschland“. Denn im Gegensatz zu anderen Disco-Bus-Linien ist mit Bremen eine Großstadt in das Konzept eingebunden.

Die Disco-Busse fahren die ganze Nacht im Stundentakt. 250.000 Mark kosten die ersten drei „Hot Lines“ pro Jahr. Die Hälfte der Kosten haben die Stadtgemeinde Bremen und der Landkreis Osterholz übernommen, die andere Hälfte soll über Busfahrscheine gedeckt werden. Nach Fahrgastzählungen sollen auch Disco-Besitzer zur Kasse gebeten werden. Fünf Mark kostet ab heute um 21.00 Uhr eine Hin-und Rückfahrt im Disco-Bus. „Ein Super-Anfang“, schwärmte gestern Geschäftsführer Strenge, ganz im Disco-Jargon. B.D.

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