■ NOCH 3347 TAGE BIS ZUM JAHR 2000
: Sammler und Mörder

Für eine Ulanen-Uniform, die der letzte deutsche Kaiser WilhelmII. getragen haben soll, wird ein Käufer gesucht. Zu erwerben ist der modrige Waffenrock für 15.000 Mark bei der 20.Deutschen Waffenbörse in der Dortmunder Westfalenhalle. Wenn sich sammelwütige Militaristen treffen, dann am liebsten in Deutschland. Auf der größten Publikumsmesse ihrer Art in Europa bieten 135 Aussteller antike Schußwaffen, vom Vorderlader bis zur Armbrust, Rüstungen, Uniformen und natürlich Orden an. Teuerstes Stück im Angebot ist in diesem Jahr ein 1570 in Nürnberg gefertigter Harnisch, der 65.000 Mark kosten soll.

Schußwaffen sind in allen Preislagen zu haben. Ein Paar Radschloßpistolen, die um 1620 in den Niederlanden hergestellt wurden, kosten z.B. 45.000 Mark. Neuere Ballermänner sind bedeutend billiger. Für die erste Repetierpistole der Welt von 1884 muß der Liebhaber 24.000 Mark hinlegen. Im Angebot findet sich auch die kostspielige „Kolibri-Pistole“, mit einer Länge von fünf Zentimetern die kleinste und gemeinste Selbstladewaffe der Welt. Richtig billig sind dagegen die amerikanischen Smith&Wesson-Knarren aus den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die handlichen Tötungswerkzeuge sind in Dortmund schon für 500 Mark zu haben.

Im Eldorado der Waffenfetischisten gibt es gerade Streit um einen Revolver, der 1963, dem Jahr, als er benutzt wurde, für 62 Dollar in jedem Sportgeschäft der USA zu haben war. Inzwischen wird der Colt Cobra vom Kaliber .38 auf 125.000 Dollar geschätzt, und das nur, weil mit der Waffe ein Mensch getötet wurde. Vor 27 Jahren, am 22.November 1963, erschoß der Nachtklubbesitzer Jack Ruby mit dem Revolver den Kennedy-Mörder Lee Harvey Oswald. 1964 wurde Ruby wegen Mordes zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde zwei Jahre später in einem Berufungsverfahren aufgehoben, und Ruby starb, bevor ihm erneut der Prozeß gemacht werden konnte. Die Frage, wer der rechtmäßige Besitzer der Mordwaffe ist, beschäftigt seit Montag ein Gericht in Dallas. Sowohl Rubys Bruder Earl als auch sein Nachlaßverwalter beanspruchen den Colt für sich.

Bei uns gibt's selbstverständlich nicht so viel Ärger mit berühmten Werkzeugen. Auf einer Auktion am 16. und 17. November in München wird ganz problemlos für 10.000 Mark der Spaten angeboten, mit dem Adolf Hitler im März 1934 den ersten Spatenstich beim Bau der Reichsautobahn München-Salzburg machte. Karl Wegmann