Rot-Grün auch in Frankfurt out

■ Wäre die Bundestagswahl eine Kommunalwahl gewesen, müßte Rot-Grün im Römer den Koffer packen

Frankfurt/Main (taz) — Die Grünen in der Mainmetropole Frankfurt sahen der Bundestagswahl am Sonntag mit Gelassenheit entgegen: Eine angeblich funktionierende rot-grüne Stadtregierung in Kombination mit einem grünen Kreisverband, in dem die (vor-)letzten grünen Prominenten Joschka Fischer, Dietrich Wetzel und Dany Cohn-Bendit Garanten für satte Mehrheiten für den vernunftbegabten Flügel der Partei waren, sollte den Grünen auch bei diesen Bundestagswahlen ein achtbares Ergebnis sichern — so jedenfalls die Erwartungen vor dem Urnengang.

Doch am Wahltag kam es auch für die Frankfurter Grünen knüppeldick: Von 13,9 Prozent bei den letzten Bundestagswahlen stürzte die Partei auf 8,2 Prozent ab. Nur noch 25.814 (1987: 46.518) Menschen gaben ihre Zweitstimme den Grünen — ein im Bundestrend liegender Verlust von 5,7 Prozent.

Wäre diese Bundestagswahl eine Kommunalwahl gewesen, hätten die Roten und Grünen im Römer ihre Koffer packen müssen, denn auch die schon 1987 mit mageren 34,4 Prozentpunkten ausgestattete SPD mußte am Sonntag erneut Federn lassen (-0,4 Prozent). Die sozialökologische Koalition — siehe Berlin — ein „Auslaufmodell“ (Ebermann)?

Die grüne Stadtverordnete Carola Scholz will das so nicht stehen lassen, denn bei dieser Bundestagswahl hätte die „Einheitseuphorie“ doch alles überlagert: „Sachthemen haben eine untergeordnete Rolle gespielt.“ Daß die Christdemokraten in der ehemaligen grünen Hochburg Frankfurt alle Wahlkreise mit teilweise sensationellem Vorsprung vor der SPD eroberten, hat bei den Grünen allerdings noch in der Nacht einen „Prozeß der Nachdenklichkeit“ über die Außendarstellung der Leistungen der rot-grünen Stadtregierung provoziert.

Scholz: „Wir planen und planen, aber sichtbare Ergebnisse unserer Politik haben wir kaum vorzuweisen.“ Ohnehin sei diese rot-grüne Stadtregierung für die Grünen eine „politische Gratwanderung“. In der Koalition seien nämlich die „Ecken und Kanten“ der Partei, die das Profil der Grünen ausmachten, bis zur Profillosigkeit runtergeschliffen worden. Und deshalb müsse die gesamte Partei vor der entscheidenden Hessenwahl im Januar die Erfolge der rot-grünen Römerkoalition in der Wirtschaftsmetropole Frankfurt herausstreichen — „und gleichzeitig hart am Profil der eigenen Partei arbeiten“. Noch am Montagabend trafen sich die Grünen aus Frankfurt und ganz Hessen im „Club Voltaire“ zur Krisensitzung, nicht zum gemeinsamen Wundenlecken, sondern zur Vorbereitung der bislag als „Heimspiel“ apostrophierten Hessenwahl, denn „das nächste Spiel ist immer das schwerste“ (Herberger). Klaus-Peter Klingelschmitt