: Frauen und Frieden
■ Der Anspruch einer „ganz anderen“ Frauenpolitik gegen den Krieg hat sich blamiert
Frauen müssen aktiv werden, wird uns (Männern) in diesen Tagen gesagt. Gegen den männlichen Kriegerwahnsinn. Da kann „mann“ nur schweigen. Jeder Versuch, einer anderen Logik als der am Golf gescheiterten Raum zu geben, weckt Hoffnung.
Am vergangenen Wochenende hatte die „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (WILPF) nach Genf geladen. Die arabischen Frauen, die dorthin reisen konnten, waren völlig einig mit „ihren“ Männern: Nicht den Rückzug des Kriegshelden Saddam, sondern den der Alliierten wollen sie. Die Erklärung, mit der die Genfer Frauen-Friedenskonferenz sich an die Weltöffentlichkeit wendet, sucht Zuflucht bei allgemeinsten Friedensformeln der UNO-Diplomatie. Da wird der irakische Kriegsbeginn als „Irak-Kuwait-Konflikt“ herunterdiplomatisiert, es wurde abgelehnt, die Bedrohung Israels ins Dokument aufzunehmen — die Frauenkonferenz hat sich an die Spielregeln der Kriegsdiplomatie der Staatsmänner gehalten.
Weil die Frauenkonferenz Partei für eine Kriegsseite genommen hat, konnte die dort anwesende israelische Pazifistin nur noch als Beobachterin teilnehmen. Und die Konferenz hat sich nicht an diesem Punkt für gescheitert erklärt, sondern weitergemacht mit einem besonders pikanten Vorschlag: Frauen-Friedensmarsch von Jordanien nach Bagdad. Die Idee habe „große Begeisterung“ hervorgerufen, wird berichtet. Hat keine gestört, daß ein solcher Friedensmarsch durch die jordanischen Straßen nicht anders als unter „Viva el-Hussein“-Rufen stattfinden könnte?
Die Konferenz ist offenbar kein peinlicher Ausrutscher. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Vera Wollenberger, war im Nahen Osten. Sie freut sich in der 'Jungen Welt‘: „Was die Friedensbewegung angeht, so hat diese bei den Arabern eine gute Wirkung hinterlassen.“ Hat die Vertreterin der Friedensbewegung sich nicht getraut, zu erklären, daß die Vernichtungsparolen gegen die Juden eine Deutsche nur an die nationalsozialistischen Massenaufmärsche erinnern können? Hat sie etwas zum Giftgaskrieg gegen die Kurden gesagt? Zum Krieg gegen den Iran? Zum Krieg des Iraks gegen Kuwait? Es hätte weniger „gute Wirkung hinterlassen“.
Für die vordemokratischen Massendemonstrationen, die von den Diktatoren geduldet und in den Moscheen zum „Kampf gegen die Ungläubigen“ aufgepeitscht werden, findet sie die höchsten Worte des Lobes, die die DDR-Bürgerbewegung zur Verfügung hat: In Jordanien „findet ähnliches statt wie in den letzten DDR-Jahren. In Amman gibt es inzwischen politische Mittagsgebete mit anschließender Diskussion in den Moscheen, danach folgt eine Pro-Saddam-Demonstration. Ich denke, die gesamte Bevölkerung steht hinter Hussein...“
Die Friedensfrauen sind auf der Suche nach dem ganz anderen bei der einen Partei des Krieges angekommen. Klaus Wolschner
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