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Geld für sowjetische Zwangsarbeiter

Die Bundesregierung ist bereit, an vom Nationalsozialismus verfolgte Sowjetbürger Entschädigungen zu zahlen/ Summen dürften gering bleiben/ Zusammenhang mit Ratifizierung des 2+4-Vertrags?  ■ Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) — Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, einen Teil der von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen während des Zweiten Weltkrieges betroffene Sowjetbürger zu entschädigen. Angesichts des deutsch-sowjetischen Freundschaftsvertrages und der Ratifizierungsdebatte, die der Oberste Sowjet gerade führt, sind sich Moskau und Bonn einig, daß eine „humanitäre Regelung“ gefunden werden müsse. Dies teilte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Hanns Schumacher, in Bonn mit, nachdem der sowjetische Vizeaußenminister Kwisinski und Staatssekretär Dieter Kastrup im Auswärtigen Amt miteinander gesprochen hatten. Angesichts der „neuen Qualität“ der deutsch-sowjetischen Beziehungen erklärten beide Seiten, daß schon im Mai darüber verhandelt werden solle. Der Bonner Presse erklärte Regierungssprecher Dieter Vogel gestern allerdings wiederholt, daß die Mittel der Bundesregierung für solche Maßnahmen „sehr sehr begrenzt“ seien. Er betonte überdies, daß nur „Härtefälle“ entschädigt werden könnten. Vogel machte auch ganz deutlich, daß Betroffene anderer Nationen sich nichts erhoffen sollten: Es sei die Entscheidung der Bundesregierung kein Präjudiz für die Frage der Entschädigung polnischer Zwangsarbeiter.

Am Dienstag hatte die sowjetische Presseagentur 'Nowosti‘ eine Stellungnahme des Vizepräsidenten des Obersten Sowjets, Gennadi Janajew, verbreitet. Er kündigte an, daß die Verträge nachgebessert würden. Janajew forderte zusätzliche Anstrengungen. Sie seien notwendig, damit der 2+4-Vertrag, der Deutschland formelle Souveränität bringt, ratifiziert werde.

Unter die „von nationalsozialistischen Maßnahmen betroffenen“ Sowjetbürger fallen besonders ehemalige ZwangsarbeiterInnen und KZ- Häftlinge. Bisher hat sich die Bundesregierung geweigert, ehemalige ZwangsarbeiterInnen zu entschädigen. Vermutlich reagiert sie nun auf Druck, den die sowjetische Regierung macht — gleichwohl Regierungssprecher Dieter Vogel gestern in Bonn betonte, die angekündigte Entschädigung sei eine „rein humanitäre Geste“ im Geiste des deutsch- sowjetischen Freundschaftsvertrages. Er bestritt, daß sie mit dem 2+4-Vertrag zusammenhängt.

Erst vor wenigen Tagen weigerte sich die Bundesregierung, dem Parlament mitzuteilen, ob und in welcher Form ehemalige ZwangsarbeiterInnen entschädigt werden sollten. Dabei hatte die Mehrheit der Abgeordneten sie im vergangenen September aufgefordert, „zu prüfen, ob eine Fondleistung für Härteleistungen an Zwangsarbeiter möglich ist, Kontakt mit der Privatwirtschaft aufzunehmen, die Höhe der benötigten Mittel festzustellen und darüber bis zum 31.12.1990 dem deutschen Bundestag zu berichten“. Fragen nach dem Verbleib des Berichts beantwortete der Finanzstaatssekretär Carstens so: Auch andere osteuropäische Staaten hätten in der Zwischenzeit von der Bundesregierung verlangt, ihre ehemaligen Zwangsarbeiter zu entschädigen. Da diese Wünsche erst geprüft werden müßten, habe es die Bundesregierung für verfrüht gehalten, den Bericht schon jetzt vorzulegen. Freilich: Bonn, das die Frage der Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter schon seit Jahren verschleppt, dürfte einen ganz anderen Grund haben, den Bericht erst viel später vorzulegen: Im Mai soll der Haushalt verabschiedet werden. In dem müßte festgelegt werden, ob und in welcher Höhe der Bund ehemalige Zwangsarbeiter entschädigt.

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