: Nackte Wahrheiten
■ US-Sportjournalistin prozessiert gegen Sexismus
In den Vereinigten Staaten gibt es etwa 10.000 Sportreporter, 500 davon sind Frauen. Und diese können, so Sportreporterin Lisa Olson, nicht alle unbehelligt ihrer Arbeit nachgehen. Sagt Lisa Olson. Die Journalistin hat deshalb Anzeige gegen den Football-Club „Boston Patriots“ wegen „sexueller Schikanen und Verletzung ihrer Grundrechte“ erstattet.
Die Affäre begann am 17. September, als Frau Olson zur Berichterstattung die Umkleidekabine der „Boston Patriots“ besuchte, um Interviews zu führen. Merke: Weibliche Sportreporter dürfen seit 1978 die Kabinen der Sportler betreten, hatte ein Gericht entschieden, da Kabinenverbote für Journalisten, egal welchen Geschlechts, die Grundrechte verletze. Als Lisa Olson die Kabine betrat, drängten sich einige nackte Spieler ganz nah an sie heran und stießen Obszönitäten hervor. Daraufhin reichte die Journalistin eine Beschwerde ein.
Drei Spielern und Clubpräsident Victor Kiam wurde nach einer Untersuchung ein Bußgeld auferlegt, Frau Olson verzichtete auf eine Strafanzeige.
Doch ihre Beschwerde wurde von empfindlichen Footballburschen und biertrinkenden Stadionexperten offenbar schon als eindeutige Beeinträchtigung der männlichen Oberhoheit in den geheiligten Umkleidekabinen empfunden. Die Journalistin wurde von wildgewordenen Schwanzträgern beleidigt, verfolgt, und angegriffen. Besonders geschmacklos zeigte sich der Clubpräsident: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Lisa Olson und Saddam Hussein: Beide haben die ,Patriot-Raketen‘ von nahem gesehen.“ Ähnlich platt reagierten andere Football-Machos.
Daß die Reporterin im Stadion der „Patriots“ ausgepfiffen wurde, war noch harmlos. Andere riefen ihr auf der Tribüne Beleidigungen zu, manche schütteten ihr auf ihrem Weg in die Kabinen Bier ins Gesicht. Schließlich erhielt die streitbare Frau sogar Morddrohungen. Daraufhin entschloß sie sich, Strafanzeige zu erstatten wegen sexueller Schikane und Verletzung ihrer Grundrechte.
Viele amerikanische Frauen hoffen nun, daß nicht nur den „Patriots“, sondern dem Sexismus insgesamt der Prozeß gemacht wird. Doch wahrscheinlich sind die Richter wieder männlich.
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