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Beratung schürt Rassismus und Angst

Nürnberger Raphaels-Werk warnt Frauen vor Skorpionen im Iran/ Bundesamtspapier suggeriert Sklaverei für deutsche Ehepartnerinnen/ IAF intervenierte bereits letztes Jahr  ■ Aus Frankfurt Heide Platen

Hitze, Sklaventum, jede Menge Skorpione, Lehmhütten, aber kein einziger Friseur — das ferne Kashan im Iran muß geradewegs die Hölle sein. Dies erfuhr eine Erlangerin, die sich in diesem Jahr ratsuchend an das Raphaels-Werk in Nürnberg wandte. Sie ist nicht die einzige, die von dem katholischen Dienst, der sich seit dem 19. Jahrhundert auf die Beratung von Auswanderern spezialisiert hat, mit Horrorvisionen versorgt wurde. Schon im vergangenen Jahr hatte die Interessengemeinschaft mit Ausländern verheirateter Frauen (IAF) sich mit der Beratungspraxis des Zweigstellenleiters Weiss auseinandergesetzt. Damals bekam sie einen Brief zu Gesicht, den Weiss im März 1990 an eine Frau schickte, die einen Tunesier heiraten und sich deshalb über das Land sachkundig machen wollte. Er riet ihr zu einer Reise nach Tunesien: „Machen Sie die Augen genau auf!!! Warum heiratet der Tunesier keine Tunesierin??? Ich weiß warum. Sie auch?“ Seine Schlußfolgerung: „Nur wer sehr viel Hitze, Elend, Dreck und Einsamkeit ertragen kann, der möge dort leben.“ Anschließend offeriert Weiss etwas, wovon er nach eigenen Angaben viel versteht, nämlich die Vermittlung eines Notars, die Beratung bei der Aufsetzung eines Ehevertrages und „viele Informationen“ zur Schutzgebühr von sechs Mark. Der Betroffenen waren die Informationen schon genug. Sie wandte sich empört an die IAF, die wiederum mit dem Generalsekretär des Raphaels- Werkes, Christopher Leyden, Kontakt aufnahm. Der registrierte die Beschwerde mit Entsetzen und versprach augenblickliche Abhilfe. Dies scheint ihm bis heute nicht gelungen zu sein. Das neu aufgetauchte Informationsmaterial aus Nürnberg allerdings firmiert nicht nur unter der persönlichen Adresse des Beraters. Es trägt Briefkopf und Aktenvermerk des Bundesverwaltungsamtes in Köln Nr. 37/87. Das Bundesamt, Abteilung Amt für Auswanderung, empfiehlt das Raphaels-Werk gerne als kompetente Beratungsstelle weiter und versorgt es auch mit Material. Eine Rückfrage der IAF dort ergab inzwischen, daß dieser „Erfahrungsbericht“ gut 20 Jahre alt sei und nicht mehr verteilt werde. Auch gegen zwei mit „Achtung“ und der entsprechenden Anzahl von Ausrufungszeichen versehene Zusätze stammen nach Aussage des Amtes nicht von ihm. In einem wird davor gewarnt, daß die Reise in den Iran für eine deutsche Frau direkt in Gefangenschaft münden kann, der andere weist auf die Schrecken der abendländischen Lebensart hin: „Möbel, vor allem Sitzmöbel, kennt der Orientale nicht.“ Die zuständige Sachbearbeiterin des Bundesamtes sagte der taz gegenüber gestern eine sofortige Prüfung des Vorgangs zu und verschwand dann in die Pfingstfeiertage.

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