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Die Barrikaden stehen jetzt hinter der Kirche

Das Leben in Ljubljana normalisiert sich wieder/ Straßensperren rund um die Stadt werden abgebaut  ■ Aus Ljubljana Heide Platen

An der Kreuzung vor dem Hotel „Lev“, in Richtung der Ausfallstraße zum Flughafen, arbeitete vorgestern abend gegen 21 Uhr ein einsamer Bulldozerfahrer. Vorsichtig nahm er eine der eisernen Panzersperren nach der anderen auf die Schaufel — genau 20 Meter weiter, zwischen Kirche und Kinderspielplatz, setzte er sie wieder ab.

Mit diesem sichtbaren Akt der Demobilisierung kam die slowenische Regierung einem Spiegelstrich des Punktes V. der „Joint Declaration“ von Brioni noch am selben Tag nach. „Fahren Sie rund um Ljubljana herum! Sie werden sehen, die Sperren sind abgebaut“, verkündete die slowenische Regierung denn auch bei der obligatorischen Pressekonferenz. Nicht so einfach sei es allerdings, die Territoriale Verteidigung zurückzurufen. Wohin auch, lautete die rhetorische Frage, die Informationsminister Jelko Kacin an sich selbst richtete: „Sie haben keine Kasernen. Und sie haben keine Quartiere!“ Dies alles, sagte er noch, brauche eben Zeit und geschehe „so bald wie möglich“. Er beschuldigt die Armee, Hubschrauber des Roten Kreuzes zu benutzen, um Nachschub in die Armee-Kasernen zu bringen und fordert Zugang für das Internationale Rote Kreuz.

Die Informationsabteilung der slowenischen Regierung funktioniert jedenfalls auch in diesen ruhigeren Tagen wie geölt. Monitore übertragen nicht nur die neuesten Zählungen — 62 Tote habe der Krieg in Slowenien gefordert, davon 39 Soldaten — sondern auch eine Sendung über römische Ausgrabungen. Der nette Herr B., der für die Akkreditierung zuständig ist, erklärt uns die Notwendigkeit der Kontrollen: „Das ist immer so. Wenn jemand neu kommt, sind wir mißtrauisch.“ Es sei schließlich Krieg. Dabei lächelt er ganz optimistisch. Dementsprechend sind auch die Sicherheitsmaßnahmen: Locker — bis zum schallenden Gelächter, als sich ein asiatischer Korrespondent mit dem Gurt seiner dicken Tragetasche vor Aufregung heillos an der Eingangssperre verheddert. Die meisten JournalistInnen sind schon fort oder werden ohnehin in den nächsten Tagen abreisen. Fazit des Vormittags für Slowenien: alles ruhig und Zeit, nachzuzählen, daß der Sitzungssaal seit einer offensichtlich postmodernen Renovierung vom Grundton Rot zu rund 19 neuen Farbtönen von lila bis hellrosa changiert ist. Die Trümmer der im Foyer ausgestellten Clusterbombe interessieren schon lange niemanden mehr.

In der Stadt ist das Leben wieder so großstädtisch wie anderswo auch. Die StudentInnen flitzen radelnd durch die Fußgängerzonen. Um das beim Angriff der Volksarmee ramponierte und deshalb mit Brettern vernagelte Denkmal des Nationaldichters Franz Preschern tummeln sich die nach Sonne, kühlem Bier und Eis hungrigen Menschen. In der Stadt mit ihren Straßencafés, den Brücken und Plätzen mischen sich barocke Pracht und mediterrane Lässigkeit. Nur die ausländischen Sommergäste fehlen. Die großen Hotels sind leer, die Dachrestaurants geschlossen. Zu gefährlich da oben, erklärt der Mann an der Rezeption, wegen der befürchteten Fliegerangriffe. Der Krieg wird jedoch, zumindest hier, das ist den schnell aufeinanderfolgenden und immer zeitgerecht plazierten Presseerklärungen von Volksarmee, Slowenen und jugoslawischer Regierung zu entnehmen, bis auf weiteres vor allem mit der Propaganda-Kanone ausgetragen.

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