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Schlankheitskur für Verfassungsschutz

■ Immer mehr Politiker fordern die Verkleinerung des Verfassungsschutzes/ Willfried Penner (SPD) hält ihn aber dennoch für notwendig/ Schäuble kategorisch gegen Auflösung

Berlin (taz) — Die Idee, den Verfassungsschutz abzuspecken, findet immer mehr Anhänger. Nachdem am Wochenende fraktionsübergreifend Abgeordnete der SPD, der FDP und überraschend der CSU-Generalsekretär Huber die Legitimation des Kölner Bundesamtes in Frage stellten, hat sich nun auch der SPD-Sicherheitspolitiker Willfried Penner für eine Verkleinerung der Behörde ausgesprochen. Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in Osteuropa, so das Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission gestern gegenüber der taz, gehe an einem „Schrumpfen“ kein Weg vorbei — die Beoachtung der linksextremistischen Szene, die nun „zertrümmert und atomisiert“ sei, sei als wesentliches Arbeitsgebiet des Dienstes hinfällig.

Während der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki am Sonntag das Bundesamt „mit seinen schwachen Leistungen“ für gänzlich verzichtbar erklärte und es am liebsten durch eine kleine Koordinierungsstelle der Länderämter ersetzt sähe, hält Penner an einer Bundeszuständigkeit fest. Den Bedarf leitet er unter anderem aus der Notwendigkeit ab, die rechtsextremistische Szene verstärkt zu beobachten. Originäre Aufgabe einer Bundesbehörde ist für ihn auch, der Frage nachzugehen, ob sich die ehemaligen Mitarbeiter der Stasi möglicherweise organisatorisch zusammenschlössen und beispielsweise Kontakt mit dem sowjetischen Geheimdienst KGB aufnähmen. Eine Abfuhr erteilt Penner dagegen den Überlegungen, der Kölner Behörde neue Kompetenzen zur Bekämpfung des internationalen Waffenhandels oder der Drogenkriminalität zu übertragen.

Vollends verunsichert zeigten sich Unionspolitiker vom Vorstoß des CSU-Generalsekretärs Erwin Huber. Sein Vorschlag: Umwandlung des Bundesamtes in ein Flüchtlingsheim und Vergatterung der Beamten zur Bearbeitung von Asylanträgen. Der bayerische Innenminister Edmund Stoiber warnte gestern seinen Parteifreund vor einer „verhängnisvollen Preisgabe eines Stücks wehrhafter Demokratie“, und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte kategorisch fest: Das Bundesamt ist unverzichtbar. Zwar hätten sich die Schwerpunkte verschoben, so Schäuble, auch sei dem Spionagedienst der Ex- DDR mittlerweile die Grundlage entzogen, es gebe aber dennoch „keinen vernünftigen Beobachter, der glauben könnte, daß damit die Spionagetätigkeit ganz aus der Welt oder auch nur aus Osteuropa verschwunden wäre“. Gescholten wurde Huber auch vom Flaggschiff des Springer- Verlages, der 'Welt‘. Enttäuscht stellte der Leitartikler fest: „Billiger Populismus auf Kosten der Sicherheit war bisher nicht die Domäne der CSU.“ Wolfgang Gast

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