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Warum Grobi „keine Lust“ mehr hat

■ Im Hintergrund des Senats-Ausstiegs von Claus Grobecker steht das Zerwürfnis mit Wedemeier

Warum steht Claus Grobecker, seit 1985 Bremer Finanzsenator, für die neue Landesregierung nicht mehr zur Verfügung? An diesem Wochenende stand er mit seinem überraschenden „Nein“ im Zentrum der bremischen Politik-Spekulation. (vgl. zur SPD- Senatsbank Bericht auf Seite 4 und Kommentar Seite 12).

„Ich hatte keine Lust mehr“, mehr will Grobecker nicht sagen. Noch am Donnerstag war seine gute Laune aufgefallen. Die „Lust“ war ihm offenbar am Freitag abend zwischen 18 und 19 Uhr im Vieraugen-Gespräch mit Klaus Wedemeier im Rathaus abhanden gekommen, als die Mitglieder des Landesvorstands auf den Präsidenten des Senats warteten und warteten. Was ist da geschehen?

Als am Samstag vormittag die Presse eingeladen war, um die Ergebnisse der langen Nacht zu erfahren, hatte der kommissarische SPD-Vorsitzende Horst Isola nur eine Erklärung parat: „persönliche Gründe“. Isola hatte aber mit Grobecker nicht gesprochen und war auch im Senat nicht dabei gewesen. Gar nicht so persönliche Gründe sah der einzige Zeuge der vertraulichen Unterredung, Klaus Wedemeier. „Völlig überrascht“ sei auch er, gestand er ein, fügte allerdings hinzu, er verstehe die Motive seines Finanzsenators und der werde sich wohl selbst öffentlich erklären.

„Landeszentralbank“ mutmaßten die Journalisten sofort: Grobecker, der gelernte Schriftsetzer, fühlt sich seit Jahren im Kreise von Bankern und Aufsichtsräten wohl, wollte schon einmal an die Spitze von Hapag Lloyd wechseln. Seit Monaten wird als Geheimnis gehandelt, daß er gern neuer Präsident der Bremer Landeszentralbank würde, ein gut bezahlter, renommierter und weniger arbeitsintensiver Posten.

Aber es ist keinesfalls sicher, daß es diesen Posten demnächst noch geben wird. Die Abstimmung im Bundesrat für 16 Landeszentralbanken im vereinten Deutschland war nur Teil eines komplizierten Pokerspiels, an dessen Ende ein Kompromiß stehen wird — ob der Bremer Superjob bleibt, ist völlig offen. Formale Qualifikation von seiner Ausbildung her hätte Grobecker für den Bank-Posten nicht. Aus der Position des Finanzsenators heraus hätte er auf jeden Fall aber bessere Chancen als nach diesem Abgang.

Bleibt die Frage: Warum hatte „Grobi“ keine Lust mehr? „Finanzgrobi“, wie ihn die Grünen nennen, hat einfach mal wieder Krach mit Wedemeier gekriegt, so lautet die andere Erklärung, die SPD-intern kursiert und eher aus Scherf-nahen Kreisen. Ein Wort gibt das andere, man kenne das von Grobecker. Daß der unter Hans Koschnik groß wurde und den neuen Präsidenten des Senats als Politiker verachtet, ist SPD- bekannt. Als die Wahlkampf- Schilder „Lieber Klaus“ in der Stadt auftauchten, machte sich Grobecker in Genossenkreisen immer wieder lustig. „Wer ist denn das?“, würden die Leute ihn fragen, spielte Grobecker: „Nein, ich bin das nicht“, und lachte dröhnend.

„Kleinkunsttheater“ nennt Henning Scherf derartige Grobecker-Auftritte, die es auch im Senat gab. Die Szene mit den „Lieber-Klaus“-Plakaten fand natürlich schnell den Weg zu Wedemeier. Das Verhältnis zu den beiden ist seit Monaten völlig kaputt. Von den Koalitionsverhandlungen hatte Wedemeier seinen Finanzsenator ausgeschlossen. Vor der SPD-Betriebsgruppe von Radio Bremen erinnerte Grobecker derweil daran, daß der Finanzsenator nach der Verfassung ein Vetorecht bei allen finanzwirksamen Beschlüssen habe.

„Den interessiert Politik erst wieder, wenn Wedemeier und Scherf weg sind“, sagt einer, der Grobecker sehr gut kennt. K.W.

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