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Lichtmalerisch Drtikol

■ Fotoforum: Last Waltz in der Böttcherstraße

Mit Frantisek Drtikol (1883-1961) holt das Fotoforum Böttcherstraße einen der ganz großen tschechischen Fotografen nach Bremen. Drtikols fotografische Gehversuche begannen um 1901. Da versuchte er, ganz im Geist seiner Zeit, die Fotografie der Malerei anzugleichen und experimentierte mit Kohle-, Bromöl- und Gummidrucken. Oft bepinselte er seine opulent arrangierten Bilder noch im Nachhinein. Da sehen wir in sanften Tönen Frauengestalten abgebildet, die sich durchs Bild strecken — nach einem mythendüstren Irgendwo gespannt wie Bogensehnen. Und immer verschwimmen sie im Grau, als wäre Drtikol hinterher noch mit dem feinsten Wattebausch drübergegangen.

Die chronologische Reihe der Bilder im Fotoforum zeigt seine rasche Entwicklung von überladenen Kompositionen Anfang der Zwanziger bis hin zu den späteren formalistischen Aktinszenierungen, die er nunmehr mit spezifisch fotografischen Mitteln verwirklicht. Diese um 1927 entstandenen Arbeiten machten den Fotokünstler aus Böhmen bekannt.

Auf seinem kurzen fotografischen Höhepunkt nimmt Drtikol die Strömungen der Neuen Sachlichkeit und des Konstruktivismus vorweg, und in dieser Zeit gibt es keine internationale Ausstellung ohne seine Bilder. Um 1930 verschwand Drtikol fast völlig, und die selbstgeschnitzten Figuren, die er sich dann noch mit effektvollem Licht in Szene setzte, erzählen bloß noch von der Ideenarmut eines ausgebrannten Künstlers.

Eine interessante Übersicht immerhin. Was hat aber damit die Serie überraschend belangloser Brecht-Porträts im andern Saal zu tun? Da hatte der Augsburger „Hoffotograf“ Konrad Dreßler (1875-1960) mal den Brecht, wie er fast noch ein Bub war, im Studio, und beide haben sich nicht lumpen lassen: Der eine posierte unermüdlich, der andere hielt drauf. Tristan Vankann

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