: Deutsch-französische Bequemlichkeit
■ In Afrika ist die gemeinsame EG-Außenpolitik längst bittere Realität
Deutsch-französische Bequemlichkeit In Afrika ist die gemeinsame EG-Außenpolitik längst bittere Realität
Pünktlich zum EG-Gipfel ist eine kleine historische Premiere zu verzeichnen: Nahezu unbemerkt von der Weltöffentlichkeit besuchten Carl-Dieter Spranger und Edwige Avice, die Entwicklungshilfeminister Deutschlands und Frankreichs, gemeinsam das westafrikanische Benin. Es sollte ein unspektakulärer Besuch werden, der auf Anerkennung des derzeitigen afrikanischen Modellandes in Sachen Demokratie zielte. Doch die Krise im benachbarten Togo, die die Demokratie in ganz Afrika gefährdet, hat dem Ereignis unerwartete Brisanz verliehen und die Probleme der in der EG abstrakt als Allheilmittel gefeierten „gemeinsamen Außenpolitik“ verdeutlicht.
Wenn Spranger und Avice mit einer Stimme sprechen, mag dies vielleicht den harmoniebedürftigen EG-Diplomaten zugute kommen; für Afrika bedeutet es lediglich die Bekräftigung einer deutsch-französischen „Achse“ auf dem Kontinent, einer seit Jahrzehnten bestehenden Arbeitsteilung zwischen Bonn und Paris, in der Bonn Geld und attraktive Außenhandelsbedingungen liefert und Paris mit Eingreiftruppen und Hintertreppendiplomaten die „Stabilität“ garantiert. Ihre erste Prägung erfuhr diese Politik mit dem deutschen Schweigen zum französischen Algerienkrieg; seither hat sich nicht viel geändert. Als Reaktion auf den Gewaltstreich reaktionärer Militärs in Togo hält Bonn still — während Paris derweil die Geheimverhandlungen überwacht, die in Togo zu einer neuen politischen Ordnung führen sollen. Unter französischer Regie soll auch der afrikanische Altpolitiker Houphouet-Boigny, der in seiner Elfenbeinküste bewies, wie man ein korruptes System über freie Wahlen hinweg rettet, dem togolesischen Präsidenten Eyadema beibringen, sich unauffällig an der Macht zu halten. Vielleicht kommen auch noch Ratschläge aus Zaire, wo Mobutu vorexerziert, wie durch ständiges Personenkarussell die demokratische Opposition an die Wand gespielt werden kann. Derweil läßt sich Bonn, das zu Strauß-Zeiten maßgeblich an der Stabilisierung der Diktatur in Togo beteiligt war, für seine „mutige“ Aussetzung der Entwicklungshilfe feiern.
Wem aber nützt eine gemeinsame EG-Außenpolitik, wenn die ehemaligen Kolonien der jetzigen EG-Länder sich nur einer gemeinsamen Front gegenübersehen? Immer wieder wird von afrikanischen Demokraten gefordert, Deutschland solle endlich eine unabhängige, seiner Wirtschaftsmacht entsprechende verantwortliche Politik betreiben, statt sich hinter dem französischen Rücken zu verstecken. Wenn Europas Gemeinsamkeit nur heißt, daß ein EG-Mitglied stellvertretend für alle handeln darf — Frankreich in Togo, Deutschland vielleicht in Jugoslawien —, hat das mit Verantwortungsbewußtsein nichts mehr zu tun, sondern nur noch mit Bequemlichkeit. Dominic Johnson
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