: Wird Olympia 2000 drogenfrei?
■ Fachtagung zur Suchtprophylaxe/ Jugendsenator freut sich über Vorbild aus Miami: Dort kämpfen betuchte Privatleute gegen Kokain und Crack/ Drogenexperten in der Legalisierungsfrage gespalten
Berlin/Miami/Zürich. Dem Drogengebrauch von Kindern und Jugendlichen vorzubeugen, sei im Ostteil Berlins momentan wichtiger als Beratung und Nachsorge. Darauf wies Jugendsenator Thomas Krüger bei der gestrigen Eröffnung eines Berliner Büros für Suchtprophylaxe (d.h. Vorbeugung) hin. Das Büro soll als Koordinationsstelle für Erzieher, Lehrer oder Sozialarbeiter dienen.
Aus Anlaß der Eröffnung veranstaltete das Sozialpädagogische Institut Berlin (SPI) eine zweitägige Fachtagung zur »Suchtprophylaxe in Metropolen«. Experten aus Miami und Zürich referierten in der Jugendverwaltung ihre Ansätze in der Drogenpolitik. So arbeitet in dem seit zehn Jahren als Kokain-Metropole berüchtigten Miami eine Koalition von Privatleuten gegen den schlechten Ruf ihrer Stadt, damit sie wieder ihre touristische Anziehungskraft zurückgewinne. Die Angst vor wirtschaftlichen Verlusten brachte die »Miami Coalition« aus Bankiers, Geschäftsleuten, Journalisten, Politikern und anderen zusammen.
Die »Crack Houses«, in denen Menschen überwiegend Designer- Drogen konsumierten, wurden abgerissen (laut Referent Otis Wragg insgesamt 1.300), Therapieplätze geschaffen, ein Drogengericht eingerichtet sowie Berater in die Schulen geschickt. Otis Wragg ist sichtlich zufrieden mit der konzertierten Aktion: Die Zahl der (illegalen) Drogengebraucher gehe seitdem leicht zurück.
»Olympia 2000 im drogenfreien Berlin« — unter diesem Motto würde auch Jugendsenator Thomas Krüger die Stadt gerne sehen. Drogenberater Wolfgang Penkert findet es eine »faszinierende Vorstellung, wenn Berlins große Banken der Stadt eine Entgiftungsstation finanzierten«. Schließlich seien es immer wieder die Geschäftsleute, die am effektivsten dafür sorgten, daß die Drogenabhängigen vor ihren Türen verschwänden, sagte Wolfgang Heckmann vom SPI. Was dann allerdings aus ihnen wird, wurde nicht diskutiert. Öffentliche Druckräume für Junkies sind für den Jugendsenator jedenfalls kein Thema.
Die anschließende Diskussion machte vor allem ideologische Unterschiede deutlich. Während Urs Abt von der Züricher Suchtpräventionsstelle von einer Lehrerin aufgefordert wurde, zuzugeben, daß er nicht Prävention, sondern eine Freigabe von Drogen forciere (»Pubertierende Jugendliche kommen mit Haschisch in Berührung und schon hängen sie an der Nadel«), forderte dieser wiederum, eine Legalisierung offen zu diskutieren. »Wir müssen Wege suchen, die Würde der kranken Menschen zu achten.« Dies sei aber etwas anderes als Vorbeugung.
Daß die drogenfreie Gesellschaft eine Vision sei, konstatierte Bert Lubenow, Drogenarbeiter in Kreuzberg. »Wenn Kinder nach dem ersten Kontakt mit Drogen hinweggerafft werden«, also abhängig würden, lägen die Probleme nicht allein in der Wirkung der Drogen sondern in der psychischen Labilität der Betroffenen. Dort müsse eine sinnvolle Prävention ansetzen. Jeannette Goddar
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