piwik no script img

Gummitülle führte auf die heiße Spur

■ Mutmaßlicher Mörder der beiden Marzahner Schülerinnen gefaßt/ Beschuldigter bestreitet Taten

Berlin/Cottbus. Die Kriminalpolizei geht davon aus, daß der Doppelmord an den beiden 15 und 16 Jahre alten Marzahner Schülerinnen Sarina Sch. und Janine G. aufgeklärt ist. Nach zehnwöchiger Fahndung wurde am vergangenen Freitag der 31jährige Uwe W. in Berlin in einer Berufsschule verhaftet. Gegen den Mann, der bislang jegliche Aussage zu den Vorwürfen verweigert, ist inzwischen Haftbefehl wegen Mordes erlassen worden.

Die beiden Mädchen waren am 20. November 1991, dem Buß- und Bettag, mit dem Zug von Marzahn nach Rietzneuendorf im Kreis Lübben gefahren. Bei ihrer Ankunft am Bahnhof waren sie von Zeugen zum letzen Mal gesehen worden. Vier Tage später wurde Janine G. in einem Wald bei Ahrensdorf/Kreis Zossen erwürgt aufgefunden. 50 Kilometer entfernt in einem Waldstück im Kreis Lübben lag die Leiche von Sarina Sch. Sie wurde erst am 30. November entdeckt.

Eine wenige Zentimeter große Gummitülle eines Audi 100 sowie Reifenprofile und Fingerabdrücke hatten die Kripo-Sonderkommission auf die Spur von Uwe W. gebracht. Die Gummitülle, eine Schwellerentlüftung, war in der Nähe einer der beiden Leichen gefunden worden. Die aus Berliner und Cottbusser Polizisten bestehende Sonderkommission versuchte daraufhin, in Berlin und im Brandenburger Raum sämtliche der rund 6.000 zugelassenen Fahrzeuge des Typs Audi 100 Baujahr 1982 bis '84 zu überprüfen. Unter Hinzuziehung der Daten aus dem Kraftfahrzeug-Zulassungsregister suchten die Beamten in mühseliger Kleinarbeit die Straßen und Garagen — ausgehend vom Wohnbezirk der beiden Opfer in Marzahn — nach entsprechenden Fahrzeugen ab. Beim 248. Audi, einem grau-metallicfarbenen Wagen, wurden sie bei einem Steglitzer Gebrauchtwagenhändler fündig. Dieser hatte den Audi, bei dem die Gummitülle fehlte, am 17. Dezember von dem 31jährigen Uwe W. gekauft. Die Fingerabdrücke des früheren Halters seien »zweifellos identisch« mit den bei den Leichen gefundenen Abdrücken, erklärte die Leiterin der 8. Mordkommission, Ilona Scholz. Auch das Reifenprofil passe zu den im Wald entdeckten Abdrücken.

Der Tatverdächtige Uwe W. ist gelernter Klauenschneider von Rindern. Bis zur Wende wohnte der geschiedene Mann und Vater zweier Töchter in Brandenburg in einem Dorf, das in der Nähe der Leichenfundorte liegt. Im November 1989 zog Uwe W. zu seinem Vater nach Steglitz, wo er bis zum 20. November 1991 angemeldet war. Zu der Festnahme in der Berufsschule kam es, nachdem die Kripo über den Vater in Erfahrung gebracht hatte, daß Uwe W. eine Ausbildung zum Justizvollzugsbediensteten absolviert. Nach Angaben von Rechtsanwalt Manfred Studier bestreitet sein Mandant Uwe W. die Taten. Näheres vermochte Studier ohne Kenntnis der Akten nicht zu sagen. Die Kripo überprüft zur Zeit, ob Uwe W. auch mit dem gewaltsamen Tod einer 31jährigen dänischen Studentin in Verbindung zu bringen ist. Die stark verweste Leiche der Frau war im Mai 1991 südöstlich von Ahrensdorf gefunden worden. Bislang gebe es aber keine Indizien für eine Täterschaft, hieß es. plu

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen