■ KEIN GERÜCHT! AUS DEN RATHÄUSERN: Rupert Scholz ante portas?
Rupert Scholz ante portas?
Den Koalitionsfrieden mit der SPD hat der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen nachhaltig gestört, aber die Kritiker in seiner eigenen Partei brachte er erst mal zum Schweigen. Daß Diepgen im Bundesrat gegen das Votum der Sozialdemokraten dem Steuerpaket der Bundesregierung zum Sieg verhalf, trug ihm sogar das Lob der ewig nörgelnden Parteifreunde aus dem Kreisverband Wilmersdorf (Parteijargon: »Sowjetisch-Wilmersdorf«) ein. »Großartig« sei Diepgens Verhalten gewesen, begeisterte sich der Wilmersdorfer Abgeordnete Ekkehard Wruck vergangenen Dienstag in der gemeinsamen Sitzung von Fraktions- und Landesvorstand der Partei.
Endlich konnte Diepgen einmal das Image des »blassen Eberhard« abschütteln, das ihm die Wilmersdorfer immer vorgehalten hatten. Manche meinen, dafür sei es allerhöchste Zeit gewesen. Denn hartnäckig hatten sich in letzter Zeit die Gerüchte gehalten, der unglücklich regierende Diepgen könnte auf Bonner Geheiß durch Rupert Scholz ersetzt werden, den ehemaligen Justizsenator und Bundesverteidigungsminister, der zur Zeit als einfacher Bundestagsabgeordneter sein politisches Dasein fristet. Für Scholz hätte gesprochen, daß er bei dem obersten Strippenzieher der CDU, Bundeskanzler Helmut Kohl, nach wie vor allerhöchste Gunst genießt. Und in Berlin wird ihm die Unterstützung der innerparteilichen Diepgen-Kritiker um den Neuköllner Abgeordneten Manfred Preuss nachgesagt. Beim Koalitionspartner hingegen wäre der rechtslastige Scholz sicherlich auf Widerstand gestoßen. Der SPD-Abgeordnete Alexander Longolius bekannte kürzlich vor Genossen, er und Diepgen hätten da ein gemeinsames Ziel: »Wir wollen beide nicht, daß Rupert Scholz Regierender Bürgermeister wird.«
Letztlich könnte es also — Ironie des Schicksals — auch den Sozialdemokraten nutzen, daß es Diepgen auf ihre Kosten gelungen ist, seinen innerparteilichen Sattel wieder fester zu zurren. Ab und zu haut der Senatschef jetzt auch in den Senatssitzungen mit der Faust auf den Tisch. Am letzten Dienstag fiel ihm CDU-Finanzsenator Elmar Pieroth zum Opfer. »Das ist doch keine Senatsvorlage!«, fauchte Diepgen ihn an, als Pieroth zum wiederholten Mal nur Unverbindliches über die seit langem geplante Gründung einer Landesentwicklungsgesellschaft sagen konnte. Auf Geheiß des Regierenden mußte Pieroth öffentlich versprechen, in zwei Wochen werde die Gesellschaft nun wirklich gegründet. Ob das gelingt, darf füglich bezeifelt werden. Der pfälzische Weinhändler Pieroth hat ein sonniges Gemüt — und schon viele blaue Briefe seines Bürgermeisters einfach so weggesteckt.Hans-Martin Tillack
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