: Iraks Opfer mit leeren Händen
■ UN-Kompensationsausschuß hofft auf irakisches Geld durch Ölverkauf/ US-Regierung macht Druck
Genf/Washington (taz/ap) — Während die US-Regierung einen erneuten Angriff auf den Irak erwägt, ist die Entschädigung der Opfer der Golfkrise immer noch ungewiß. US- Präsident George Bush sagte am Montag auf dem Weg zu einer Wahlkampfveranstaltung, er halte sich alle Optionen offen, falls der Irak nicht die UN-Resolutionen zur Zerstörung seiner Massenvernichtungsmittel einhalte. Gleichzeitig dämpfte er Spekulationen über die Bedeutung der Stationierung eines US-Flugzeugträgers im Golf. Die Verlegung der „USS America“ sei eine Routineangelegenheit.
Die Leidtragenden des Golfkrieges und der vorangegangenen Besetzung Kuwaits haben noch immer keine Entschädigung erhalten: weder die Zehntausenden durch Zerstörung ihrer Häuser, Verletzungen oder gar den Tod von Familienmitgliedern betroffenen Menschen in Kuwait noch die Gastarbeiter vor allem aus asiatischen Ländern, die das Scheichtum nach der irakischen Invasion verlassen mußten. Auch zahlreiche kuwaitische und ausländische Firmen, die erhebliche Einbußen erlitten, warten — ebenso wie die Regierung von Kuwait — noch auf die Begleichung von Schadenersatzansprüchen.
In Genf tagt diese Woche der UNO-Kompensationsausschuß. Bereits auf seiner ersten Sitzung im Herbst hatte das Gremium schnelle, unbürokratische Ersthilfen für geschädigte Einzelpersonen und Familien beschlossen: ohne vorherige Überprüfung durch die Regierung ihres Heimatlandes sollen sie zwischen 2.500 und 10.000 US-Dollar erhalten. Die Auszahlung scheiterte bislang an der Weigerung Iraks, in den UNO-Entschädigungsfonds einzuzahlen. Gemäß Sicherheitsratsbeschluß vom 16.September letzten Jahres sollte die Bagdader Führung die für die Entschädigung notwendigen Finanzmittel zunächst aus dem von der UNO kontrollierten Verkauf von Öl im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar aufbringen. Ein knappes Drittel dieser Summe ist für die Versorgung der irakischen Bevölkerung mit Medikamenten und Nahrungsmitteln vorgesehen, ca. 75 Millionen Dollar zur Finanzierung des UNO- Inspektionsteams im Irak. Bagdad hatte diese Ölverkaufsformel bislang als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Iraks abgelehnt und auch argumentiert, die vorgesehenen rund 500 Millionen Dollar zur Versorgung der eigenen Bevölkerung seien zu gering. Dennoch herrscht im Genfer Kompensationsausschuß vorsichtiger Optimismus, daß demnächst ertmals irakische Gelder in den Entschädigungsfonds fließen. Iraks stellvertretender Regierungschef Tarik Asis hatte letzte Woche in New York die Bereitschaft Bagdads zur Wiederaufnahme der im Februar abgebrochenen Verhandlungen über die Umsetzung der Ölverkaufsformel erklärt. Sie sollen bereits diese Woche in Wien fortgesetzt werden. UNO-intern wächst der Druck, zu einer Einigung mit Irak zu gelangen. Denn der Haushaltstopf, aus dem bisher die Inspektionsteams wie auch die Sitzungen des Genfer Kompensationsausschusses finanziert wurden, ist fast leer.
Die US-Regierung will verstärkten finanziellen Druck auf den Irak ausüben. Mit anderen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates überlegt sie, rund 1,5 Milliarden Dollar, die die irakische Führung auf ausländischen Konten deponiert hat, zu beschlagnahmen. Das Geld solle für die Zerstörung der irakischen Waffen und Reparationszahlungen ausgegeben werden, hieß es in Washington. azu/taud
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