Helena war keineswegs in Troja

■ Gewagter Kaltstart mit dem alten Euripides: Neue Spielzeit in Schauspiel & Tanztheater

Am 3. Oktober wagt Heyme einen beherzten Kaltstart mit der Helena von Euripides; in diesem Stück wird nicht weniger enthüllt, als daß der ganze Trojanische Krieg bloß um ein Phantom geführt ward. Einen Tag später hat im Brauhauskeller, der künftig öfters genutzt werden soll, Gorkis Nachtasyl Premiere. Inszenieren wird Tuncel Kurtiz, dem Kinopublikum vielleicht als Hauptdarsteller in dem türkischen Film „Yol — Der Weg“ bekannt.

Es folgen Übernahmen von früheren Arbeiten Heymes: sein guter alter Nathan der Weise noch aus Stuttgart (15.10) und Die Tochter der Luft mit Gudrun Landgrebe (29.10.) aus Essen.

Ebenfalls noch im Oktober wird als Koproduktion das Stück Indianer — Eine Buffalo Bill Show von Arthur Kopit im Zelt des „Zirkus Busch-Berolina“ gezeigt; Regie führt Terry Hands, ehemals Leiter der Royal Shakespeare Company. Hands ist einer der Regisseure, die Heyme gerne öfters nach Bremen holen will. Hands, der nebenbei auch noch die Opernspielzeit mit Verdis Boccanegra eröffnet, ist, falls das Geld reicht, in der zweiten Spielzeithälfte für ein drittes Stück vorgesehen: Ibsens Peer Gynt.

Am 12. November kommt die erfolgreiche Essener Produktion von Joshua Sobols Ghetto nach Bremen; um die Einstudierung wird sich Sobol selber kümmern; auch ihn will Heyme ein wenig an Bremen binden: Sobol soll hier jedes Jahr eines seiner Stücke inszenieren.

Inge Andersen, vormals Essen und künftig so etwas wie eine Hausregisseuse, bringt von Goethen die Stella, von Tennessee Williams die Endstation Sehnsucht und, falls am Ende der Spielzeit noch Geld im Topf ist, die Uraufführung eines Auftragswerks über die Nach-68er, welches Gaston Salvatore schreiben soll.

Im Ensemble hat sich einiges getan: Außer Angelika Bißmeier und Soeren Langfeld findet man kaum noch alte Namen. Zwei Drittel kommen neu ins Haus; großteils vom Schauspiel Essen, Heymes vormaliger Wirkungsstätte. Darunter finden sich so klangvolle Namen wie Hans Schulze oder die großartige Margit Carstensen, die in den 60ern noch mit Faßbinder gedreht hat und inzwischen seit zehn Jahren mit Heyme arbeitet.

In der Abt. Tanztheater geht hingegen alles seinen Gang: Für den 30. Januar 93 ist eine Uraufführung angesetzt, deren Inhalt selbst unserm Kresnik erst dunkel schwant. Sonst gibt es Wiederaufnahmen, nämlich von Frida Kahlo, von Ulrike Meinhof und von Sylvia Plath. Ach ja, und dann schlägt sich Kresnik auch mal seitwärts in die Büsche der Oper und richtet uns dort einen Xerxes her, der sich wahrscheinlich gewaschen haben wird. Aber das lesen Sie alles im anderen Kasten. schak